Gutachten: Tausende leiden unter Lärm
Die meisten Ratinger sind durch Zugverkehr belastet, aber auch an manchen Straßen werden hohe Lärmwerte erreicht.
Ratingen. „Wir in Lintorf sind besonders betroffen: Ringsum Autobahnen, dann die Zugstrecke und je nach Windrichtung auch Fluglärm“, sagt Magdalena Fiets, die in der Tiefenbroicher Siedlung wohnt. Tatsächlich ist Ratingens hervorragende Verkehrsanbindung mit vier Autobahnen, dem Flughafen vor der Haustür, einer S-Bahn- und einer Güterzugstrecke einerseits ein Segen für die Stadt, für die Bewohner zugleich aber auch ein Fluch. Denn gerade der Verkehr sorgt in weiten Teilen des Stadtgebiets für ein hohe Lärmbelastung.
Dass der Fluglärm, über den seit Jahrzehnten debattiert wird, dabei gar nicht die größte Rolle spielt, überrascht. Viel mehr Menschen leiden unter dem Lärm durch Schienenverkehr — besonders durch die Weststrecke.
Das kann man jetzt schwarz auf weiß in den Lärmkarten erkennen, die die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Bereits im Herbst hatte das Landesumweltamt Untersuchungen veröffentlicht, die allerdings keine Bahnstrecken als Lärmquellen enthielten. Da sich das noch bis 2014 hinziehen könnte, hatte die Stadt durch Gutachter die fehlenden Lärmkarten erstellen lassen.
Auf der Basis dieser Karten soll später eine Lärmaktionsplanung vorgenommen werden. Vorerst kann jeder Bürger in dem Lärmbericht nachlesen, was er vermutlich eh schon aus eigener Erfahrung weiß: wie laut es vor seiner Haustür ist.
Besonders gebeutelt sind die Anwohner entlang der Westbahnstrecke in Ratingen-Süd und Lintorf. Laut Bericht sind 3627 Menschen nachts so stark belastet, dass nach einem Runderlass zum Bundesimmissionsschutzgesetz dringender Handlungsbedarf besteht. Die Grenzwerte liegen bei mehr als 60 Dezibel (A) für die Nacht und mehr als 70 Dezibel für den Tag — davon sind 241 Anwohner betroffen.
Aber auch an manchen Straßen ist es unzumutbar laut. Tagsüber leiden 364 Ratinger unter der sehr hohen Belastung, nachts sind es 730. Besonders betroffen sind der innerstädtische Verkehrsring, aber auch Bereiche an Düsseldorfer Straße, Grabenstraße, Kaiserswerther Straße und Hauser Ring. Dazu kommen Teile der Homberger Straße, die Brachter Straße in Homberg, die Kölner Straße in Breitscheid sowie in Lintorf am Ortseingang, rund um den Lintorfer Markt und die Krummenweger Straße.
Der Fluglärm weist dagegen gar keine so hohe Belastung auf: Von Extremwerten sind gar keine Anwohner betroffen, unter „hoher Belastung“ leiden aber 1618 Menschen tagsüber und 1775 nachts. Rüdiger Schlothane, im Planungsamt für Lärm zuständig, will diese Werte differenzieren: „Nachts kann ein einzelnes Flugzeug störender sein als der Dauerschallpegel der Autobahn, selbst wenn dieser lauter ist.“
Rüdiger Schlothane, Planungsamt
Was haben die Ratinger nun von den Lärmkarten? Werden die Lärmsanierungsgrenzwerte überschritten, besteht Handlungsbedarf. Schlothane: „Bei Neubauten muss dann für Lärmschutz gesorgt werden, bei bestehenden Bauten existiert aber kein Rechtsanspruch auf nachträgliche Lärmsanierung. Wir können den Bürgern nicht Milch und Honig versprechen.“ Die Lärmkarten würden aber helfen, Druck auf die Verkehrsträger aufzubauen.