Ratinger Museum Das Cromford will Jugendlichen mehr bieten

Ratingen · Das einzigartige Industriemuseum des Landschaftsverbandes Rheinland will sich ein Stück weit neu aufstellen. Es gibt personelle Veränderungen beim Verein der Freunde und Förderer. Und man will den Jugendrat einbinden.

Hannelore Hanning (vorn) ist neue Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer des Museums. Dahinter ihr Vorgänger Wolfgang Küppers, rechts Museumsleiterin Claudia Gottfried.

Foto: Achim Blazy (abz)

Vom Rathaus ins Herrenhaus: Hannelore Hanning, bekannt als frühere Spitzenpolitikerin der Ratinger FDP, hat eine neue Aufgabe gefunden. Sie ist nun Vorsitzende der Freunde und Förderer des Industriemuseums Cromford, das sich in Trägerschaft des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) befindet. Hanning weiß um die großen Fußstapfen, die ihr Vorgänger Wolfgang Küppers (jetzt Ehrenvorsitzender) hinterlassen hat. Ihr neues Amt will sie mit Elan, Spaß und Ideen angehen. Nun sitzt sie zusammen mit Museumsleiterin Claudia Gottfried und Küppers im Herrenhaus. Im Gespräch wird die Zukunft des einzigartigen Museums skizziert. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Gibt es eine Zielgruppe, die man stärker in den Blick nehmen will?

Eindeutig ja. Gottfried betont, dass es nicht mehr selbstverständlich sei, dass Schüler ins Museum kommen. „Dies liegt auch daran, dass Industriegeschichte und Industrialisierung im Unterricht nicht mehr den Stellenwert haben“, betont sie. Hinzu kam die Corona-Pandemie mit ihren Folgen. Fakt ist: Man will Jugendliche stärker einbinden und – wenn möglich – für das Museum begeistern. „Es ist so, dass ich Schüler einfach auch mal durch das Museum laufen lasse“, betont Gottfried. Nach einem ungezwungenen Rundgang wird dann aufgezählt, was gefällt und was geändert werden könnte. Hanning will in ihrer neuen Funktion den Kontakt zum Jugendrat vertiefen und das Gremium einmal nach Cromford einladen. „Der Jugendrat ist breit aufgestellt, leistet in Ratingen hervorragende Arbeit“, betont sie, „auf den Meinungsaustausch kann man sehr gespannt sein.“ 

Welche inhaltlichen Themen werden das Museum beschäftigen?

Unter der Leitung von Gottfried hat sich das Museum auf Alltagskleidung zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert spezialisiert. Ausstellungen werden wissenschaftlich begleitet und aufbereitet, sie genießen bundesweit einen hervorragenden Ruf. Immer wieder werden sie in anderen Städten gezeigt – so zum Beispiel in Augsburg. Das nimmt man beim LVR gern zur Kenntnis, denn dies steigert das Renommee des Ratinger Museums. Klar ist: Man wird künftig stärker auf das Thema Nachhaltigkeit eingehen. Baumwolle kam unter dem Vorzeichen kolonialer Handelsbeziehungen nach Ratingen. Es geht darum, historische und aktuelle Zusammenhänge rund um die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Baumwoll-, Textil- und Modeindustrie herauszuarbeiten und dies auch zu zeigen.

Welches Projekt hat eine besondere Bedeutung?

An 16 Industriemuseen in Nordrhein-Westfalen, Wiege der Industriekultur, entstehen unter anderem digitale Kunstwerke und Lichtinstallationen – so auch in Cromford. Zentrales Thema wird der Rohstoff Baumwolle sein. Für die Fassade des Herrenhauses wird es eine Arbeit von Parisa Karimi geben, die sich unter anderem mit den Folgen des ständigen Strebens nach Wachstum beschäftigt. Simone Glück und Svenja Jessen informieren interaktiv über die kolonialen Hintergründe des Baumwollanbaus sowie über die Spuren der Kolonialgeschichte, die noch heute in unfairen Lieferketten, Ausbeutung und Umweltverschmutzung in den Niedriglohnländern sichtbar werden. Dazu wird es eine mediale Wand im Museum geben, für die zurzeit Platz geschaffen wird. Dieses Projekt unter dem Titel „Futur 21 – Kunst, Industrie, Kultur“ wird im März realisiert. Im Dialog mit den außergewöhnlichen Orten des LVR und deren Geschichten schlagen die eingeladenen Künstler Brücken zu Zukunftsthemen und binden Interessierte in ihre Experimente mit ein.

Wird das Museum moderner?

In gewisser Weise schon. Gerade bei der Präsentation will man neue Wege gehen und das Ganze klarer gestalten. Dazu haben auch Schülerinnen und Schüler ihre Vorschläge gemacht. Klassische Info-Ordner sollen zum Beispiel der Vergangenheit angehören.

Wo ist man besonders kreativ?

Gottfried erzählt, dass in anderen Häusern nach Ausstellungsende einige Dinge weggeworfen werden. In Cromford sei dies anders. Dort überlege man sich genau, was noch verwendbar ist.