Prozess Neuer Zeuge belastet Baudezernenten
Ehemaliger Mitarbeiter der Verwaltung soll sich zum Wert der Leistungen äußern, die im Privathaus des Angeklagten erbracht wurden.
Ratingen/Düsseldorf. Der Prozess gegen einen ehemaligen Verwaltungsmitarbeiter am Düsseldorfer Landgericht ist wie eine Wundertüte: Man weiß nie, was drin ist. Zur Überraschung aller hatte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch zu Beginn des dritten Verhandlungstages einen Beweisantrag gestellt.
Die Anklagevertreter möchten einen Zeugen vernehmen, der angeblich bestätigen könne, dass der Wert der im Privathaus des Angeklagten erbrachten Leistungen mindestens 120 000 Euro betrage, sagte die Staatsanwältin.
Nicht nur bei seinem Anwalt Rüdiger Deckers gingen die Augenbrauen in die Höhe. „Woher hat der Mann sein Wissen?“, fragte er — und kündigte für heute eine Stellungnahme an. Auch die Vorsitzende der Großen Strafkammer, Richterin Bettina Reucher-Hodges, zeigte sich erstaunt: „Wir werden schauen, wie es weitergeht.“
Der Zeuge soll einst im Rathaus angeschwärzt worden sein
Der neue Zeuge war im bisherigen Prozessverlauf schon einmal beiläufig erwähnt worden: So soll er — als Mitarbeiter im Ratinger Hochbauamt — von einem damaligen Kollegen, dem mutmaßlichen Millionenbetrüger, kurz nach seinem Amtsantritt bei ihm angeschwärzt worden sein.
Der Vorwurf: Der Zeuge soll der Firma seiner Frau städtische Aufträge zugeschanzt haben. Dem Vernehmen nach hat sich die Stadtverwaltung daraufhin von ihm getrennt. Der Angeklagte und der Zeuge gelten seitdem nicht gerade als befreundet. Ob er angehört werden kann, wird sich heute zeigen.
In der Bilanz konnte der Angeklagte den dritten Verhandlungstag mit der Vernehmung der vier geladenen Zeugen aber entspannt verfolgen. Seine Sekretärinnen, der frühere Leiter des Hochbauamtes und die damalige Leiterin des Rechtsamtes bestätigten übereinstimmend, dass der Baudezernent bei der Vergabe von städtischen Aufträgen an Firmen weder direkt noch indirekt beteiligt gewesen sei und auch keinerlei Einfluss auf die Auswahl der Unternehmen gehabt habe.
Es ergaben sich auch keinerlei Hinweise darauf, dass der Angeklagte mit dem mutmaßlichen Betrüger außer sporadischer dienstlicher Begegnungen intensiveren Kontakt hatte. Gleiches galt offenbar auch für den Umgang mit dem Geschäftsführer der Heizungsfirma, die in seinem Privathaus die umstrittenen Installationsarbeiten durchgeführt hat.
Städtisches Rechtsamt war an Vergleich nicht beteiligt
Brigitta Brakmann, damalige Leiterin des Rechtsamtes, gab auch Erläuterungen zu dem Vergleich zwischen der Stadtverwaltung und dem in den Millionenbetrug verwickelten Geschäftsführer. Der Vergleich sei am 6. Dezember 2010 ohne das „normalerweise beteiligte“ Ratinger Rechtsamt über eine Düsseldorfer Kanzlei geschlossen worden.
Am gleichen Tag soll der Geschäftsführer auch seine Aussagen bei der Kripo gemacht haben. Der Vergleich sei außerdem ohne Angabe einer konkreten Summe oder Rate, die der Stadt geschuldet werde, geschlossen worden.