Geschichte des Lintorfer Boxclubs Als in Lintorf im Ring die Fäuste flogen

LINTORF · Am 10. Dezember 1962 traten jungen Boxer des Boxclubs Lintorf-Angerland erstmals für einen öffentlichen Wettkampf in den Ring. Gut 10 Jahre flogen bei ihnen die Fäuste bevor der Verein aufgelöst wurde.

Eines der wenigen historischen Fotos, die es noch vom ehemaligen Boxclub in Lintorf gibt.

Foto: Lintorfer Heimatfreunde

Fragt man in Lintorf nach dem Boxclub und seinen Sportlern, werden viele Erinnerungen wach. So manch einer erinnert sich an die teilweise legendären Kämpfe im ehemaligen Haus Anna und an die Prominenz, die bei dem ein oder anderen Kampf vor Ort war.

So war beispielsweise einmal der in Boxkreisen bekannte deutsche Meister im Mittelgewicht, Peter Müller, zu Besuch. Wegen seiner gebückten Kampfhaltung und seines fröhlichen Aussehens wurde er „de Aap“ (Kölner Ausdruck für Affe) genannt. „Er stieg in Lintorf zwar nicht selber in den Ring, sondern beobachtete als Sachverständiger die Kämpfe. Berühmheit erlangte Müller, als er im Juni 1952 in Köln im Kampf um die Mittelgewichtsmeisterschaft den Ringrichter mit einem rechten Haken ausknockte und dafür zunächst lebenslang gesperrt wurde. Wegen eines Formfehlers wurde dieses Urteil aber nach 19 Monaten aufgehoben und er boxte weiter, aber nie in Lintorf“, ist in der diesjährigen Heimatzeitschrift „Die Quecke“, herausgegeben vom Verein Lintorfer Heimatfreunde e.V., zu lesen.

Ein Lintorfer erinnerte sich an einen für ihn besonderen Wettkampftag, an dem eine ganz andere Sportgröße vor Ort war und neben den Boxfans auch einige Fußballbegeisterte ins Haus Anna zog. Denn an diesem Tag gab Manfred Manglitz, seiner Zeit Torhüter des MSV Duisburg, fleißig Autogramme für kleine und große Fans.

Begonnen hatte das Boxfieber in Lintorf zu Beginn der 60er Jahre, als einige Jugendliche den Wunsch äußerten, auch in ihrem Heimatort einen Boxclub zu gründen. Es war aber nicht einfach, die nötigen Leute zu finden, die die Leitung übernehmen und die für die Gründung notwendigen Anträge, Verhandlungen und Organisationsarbeiten erledigen wollten. Doch am 8. August 1961 konnte schlussendlich die Gründungsversammlung für den Boxclub Lintorf-Angerland stattfinden. Schon wenige Wochen nach Gründung des Clubs zählte der Verein 35 Mitglieder. Den Boxfreudigen ging es nicht wirklich um große Kämpfe, sondern viel mehr um die sportliche Betätigung. Der ein oder andere heftige Hieb im Ring tat der Begeisterung keinen Abbruch.

Gut ein Jahr nach Gründung und nach vielen fleißigen Trainingseinheiten trat der Boxclub erstmals mit einer Veranstaltung in die Öffentlichkeit. In den „Lintorfer Lichtspielen“ auf der Duisburger Straße trafen sie auf den Boxclub Essen-Vogelheim.

„Es war ein gewisses Wagnis für diesen noch jungen Verein, gleich zu Beginn eine derartig große Veranstaltung aufzuziehen. Aber das Experiment gelang“, war am 11. Dezember 1962 in der Tageszeitung zu lesen.

Die Kämpfer beider Clubs wurden lautstark von ihren Fans angefeuert, es gab keinen freien Platz mehr im Saal. Manch einer der Zuschauer war wohl etwas zu laut, und der Kampfrichter musste zweimal unterbrechen, weil die Sportler seine Kommandos schlichtweg nicht verstehen konnten. Den jungen Boxern mangelte es zwar noch an Erfahrung, aber das wurde durch ihr Kämpferherz wieder wettgemacht, und Lintorf siegte bei seiner ersten Veranstaltung mit 10:8 Punkten.

In späteren Jahren wurde im Saal des ehemaligen Haus Anna geboxt. 600 bis 700 Zuschauer feuerten ihre Sportler dort lautstark an. Das waren Zahlen, die selbst erfolgreiche Clubs in den benachbarten Großstädten neidisch werden ließen. Der Lintorfer Boxclub erlebte einen großen Aufschwung. Es wurde regelmäßig in der Turnhalle an der katholischen Grundschule am Weiher trainiert, selbst Spitzensportler wie der Mülheimer Federgewichtler Ernesto Zaniol nahmen daran teil. Im Februar 1967 ließen die Lokalmatadore Schäfer (Junior-Bantamgewicht) und Sackenheim (Senior-Leichtgewicht) in der Bezirksendrunde für Lintorf ihre Fäuste fliegen. Besonders in Sackenheim hatten die Lintorfer Boxfreunde große Hoffnung gesetzt, da er bei bisherigen Heimkämpfen doch immer ungeschlagen gewesen war. Viele Veranstaltungen folgten, oft unterstützt von Boxern aus den befreundeten Vereinen BC Ringfrei Mülheim und dem TuS Gerresheim, bis die Sportler in den frühen 70er Jahren ihren letzten Kampf für den Lintorfer Verein austrugen. Der Boxclub Lintorf-Angerland konnte wegen mangelnder finanzieller Unterstützung kein optimales Training für die Mitglieder mehr anbieten.

Es gab in Lintorf aber noch viele Boxtalente, und so fusionierte er mit dem befreundeten Boxclub Ringfrei Mülheim, damit den Sportlern weiterhin entsprechende Trainingsmöglichkeiten geboten werden konnten.