Sie hält den US-Kontakt seit den 60er Jahren
Karen Fischer reiste mit 17 Jahren als Austauschschülerin in die USA. Die Freundschaft blieb.
Ratingen. Sie trug Stöckelschuhe, richtig hohe, einen weißen Faltenrock, ein ordentliches Twinset und ihren Koffer. Dazu noch Handtasche und Gitarre. Sie war noch nicht 18 und lehnte sich souverän in der eleganten Reisekleidung gegen eine Schiebetür im Flughafen. Die Tür glitt auf und Karen Rautzenberg knallte mit Schwung hin. — Das war der bemerkenswerte Beginn ihres Austauschjahres in den USA in den frühen 60ern.
Rückblickend war dieser Fall der ärgste, den sie in ihrem denkwürdigen Schülerinnenjahr erlebt hat. Der Rest war vielleicht nicht immer Halligalli, aber immer schön und interessant und prägend für ihr Leben.
Es fügte sich, dass später ihre Tochter Anke mit großer Freude in derselben Familie ein Jahr in den USA verbrachte, dass man sich hier wie da traf. Und nun wird im Oktober wieder einmal Besuch aus den Vereinigten Staaten erwartet. Die Familie wohnt bei Karen Fischer — wie sie inzwischen und schon seit langem heißt — und ihrem Mann und freut sich schon auf Rundreisen. Gotik und Romanik und viele Kirchen sind die vorgesehenen Ziele der sachkundigen Besucher aus den USA..
Es ist die Fragestellung älterer Menschen, die beim Anblick von Kindern darüber nachdenken, was denen mal beschert sein wird. Könnte man auch rückblickend machen, wenn man Karen, ihre beiden Geschwister und ihre Mutter ansähe, die der Krieg erst mal aus Benrath nach Bad Brückenau verschlagen hatte. 1944 war sie geboren. Und im Kinderwagen schob ihre Mutter sie nach Hassels zurück. Eine Strecke, die auch heute noch im Auto gut drei Stunden dauert. Damals waren es etliche Wochen.
Aber der Weg führte in eine schöne Kindheit; eine mit Garten und Spielen und langen Sommern. Auch ihre Schwester Helga Krefth erinnert sich daran und auch an Karens Zuverlässigkeit und Organisationstalent, und: „Sie war immer für alle da.“ Aber auch sie musste in die Schule gehen, tat das in Hilden und wurde schließlich mit dem Wohlwollen ihrer Eltern — und deren finanzieller Unterstützung von 1000 Mark — und der Vermittlung ihres diakonischen Gymnasiums nach Mississippi „geschickt“.
Ihr Ziel war Tupelo (ja, genau das, der Geburtsort von Elvis). Und während Karen von hier nach USA flog, war ihre Austauschschwester von dort in die Rautzenbergsche Familie unterwegs. Mit guten Englischkenntnissen, nach Auftritten ringsum und musikalischen Darbietungen kehrte die Schülerin zurück, machte eine Ausbildung, konnte in Englisch sprechenden Firmen reüssieren und auch bei Jochen Fischer, ihrem Mann. Auch mit ihm wurden die ehemalige Gastfamilie und deren nächste Generation besucht. Da man ja immer noch Kontakt hat, ist die jugendliche Unternehmung nicht eine wehmütige Erinnerung, sondern ein lebendiger Bestandteil von Karen Fischers Leben, eingebettet in ein aktives Treiben zwischen Tennisspiel, Freundschaften, Haus und Hof. Sie erzählt es ruhig und lächelnd. Und dann sagt sie, dass sie auch fuchsteufelswild sein kann. Wirklich?