Tafel braucht dringend mehr Fahrer
Dreimal in der Woche gibt die Einrichtung Lebensmittel aus. Die Fahrer holen die Waren in Läden ab.
Ratingen. Die Ratinger Tafel sorgt dafür, dass Menschen in sozialer Not mit frischen Lebensmitteln versorgt werden. Dazu fahren mehrere Teams rund 30 Supermärkte und Einzelhandelsgeschäfte an und holen von dort überschüssige Ware ab. Zusätzliche Fahrer werden jetzt dringend gesucht.
Vormittags gegen 11 ist für Paul Jakob der Dienst beendet. „Bis morgen, habt noch einen schönen Tag“, ruft er den anderen Mitarbeitern der Tafel zu, die gerade dabei sind, den Ansturm von Bedürftigen zu bewältigen. Es ist Dienstag und damit einer der drei wöchentlichen Ausgabetage. Paul Jakob hat von seiner Tour jede Menge frisches Obst und Gemüse mitgebracht: kistenweise rote Paprika, Tomaten in allen Variationen, Äpfel von Pink Lady bis Breaburn, Rucola und Kopfsalat.
Dazu Brote von den Bäckereien: rustikales Paderborner Landbrot, Brötchen, Croissants in Vielfalt und Fülle. Die Ausgaberäume sind eng, es herrscht reger Andrang. „Vier helle Brötchen und ein Graubrot bitte“, bestellt eine junge Frau mit Sozialpass bei einer Ausgabehelferin. Ein älterer Mann freut sich über ein gesundes Körnerbrot, abgepackte Mortadella und eine große Kiste Heidelbeeren.
Paul Jakob beobachtet noch einen Moment das rege Treiben. „Es ist einfach schön, Gutes zu tun“, antwortet der Rentner auf die Frage, warum er seit neun Jahren unentgeltlich für die Tafel tätig ist. „Ich wollte zum einen im Ruhestand eine Aufgabe haben, vor allem aber ein Stück weit etwas zurückgeben von meinem Wohlstand und Glück an die, denen es einfach nicht so gut geht.“ So fährt Paul Jakob, der mittlerweile zweiter Vorsitzender der Tafel ist, mindestens dreimal wöchentlich ab sieben Uhr morgens seine Tour ab. „Die Märkte kennen uns natürlich alle schon, die meist einwandfreie Ware steht dann schon draußen und wir können direkt einladen und weiter zum nächsten Lieferanten.“
Ein weißer Transporter hält vor dem Liefereingang der Tafel. Fahrer Toni Heiler springt aus dem Wagen, sein Beifahrer öffnet von innen die Schiebetür. „Wir sind ein bisschen spät dran“, entschuldigen sich die beiden der zweiten Tafeltour bei den anderen Mithelfern, die schon mit Sackkarren bereitstehen. Routiniert wird der vollgepackte Transporter entladen. Ingrid Bauer, die erste Vorsitzende der Tafel, koordiniert, wo die Kisten hingebracht werden sollen. „Salat bitte nach vorne in den Ausgaberaum, Äpfel ins Lager, Wurst in die Kühlung.“
Beifahrer Wolfgang Plückemann reicht die Ware nach draußen. „Mir macht das unheimlich viel Spaß, der Umgang mit den wirklich netten Menschen und auch an den Märkten ist immer mal Zeit für ein kurzes Gespräch und manchmal sogar ne Tasse Kaffee“, erzählt er und lacht fröhlich. Aber: Fühlen sich die Fahrer nicht manchmal wie Bittsteller, wenn sie solche Mengen an guter Ware kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen? Toni Heiler muss nicht lange überlegen. „Wir sind natürlich unendlich dankbar dafür, aber ganz klar muss man auch sagen, würden wir die Ware nicht abnehmen, hätten die Unternehmen wesentlich höhere Entsorgungskosten, denn vieles darf einfach nicht mehr im Handel verkauft werden, zum Beispiel wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum so oder so lange überschritten ist.“ Plückemann bringt es auf den Punkt. „Es ist ein Geben und Nehmen“.
Für die beiden Tafelmitarbeiter ist der Arbeitstag noch nicht ganz beendet. „Ihr fahrt bitte heute noch zur Tafel nach Hilden. Wir haben jede Menge Überschuss an Obst, das können die dort gut gebrauchen.“ „Kein Problem“, sagt Toni Heiler und schwingt sich auf den Fahrersitz. „Unser Ziel ist es schließlich, dass so gut wie nichts unverwendet bleibt oder weggeschmissen werden muss. Dann mal los.“