Zeitzeugen mit Augen aus Glas

Jede Menge Puppen und Spielzeug gab es beim Museumsmarkt zu sehen. Sammler kamen voll auf ihre Kosten.

Ratingen. Der Kassentisch im Foyer ist mit Glanzbildchen dekoriert, ein adretter Spielzeugkoffer dient als Kasse. Hunderte Kindergestalten schauen den Besuchern aus dem Museumsfoyer entgegen — Puppen wie aus dem Leben einer anderen Zeit, in feinen Kleidchen, mit Mützen und Spielsachen ausgestattet.

Am Sonntag lud der Verein der Puppen- und Spielzeugfreunde zum Museumsmarkt ins Stadtmuseum. Puppen und alles, was man zu ihrer Herstellung braucht, handelten mehr als 20 Sammler in vier Räumen.

Sogenannte Künstler-Repros zeigt Beate Arians an ihrem Stand: die Köpfe und die Bemalung seien Vorbildern angeglichen, die Kleidung habe sie nach ihren Wünschen gestaltet, sagt die zweite Vorsitzende des Vereins. „Diese Puppe hat eine Echthaarperücke. Die Augen sind genauso, wie sie für Glasaugen verwendet werden.“

Vereinsgründerin Karin Schrey (62) hat als Autorin und Expertin die Puppen zu ihren Beruf gemacht: „Der Markt hat in Sammlerkreisen sehr hohes Ansehen.“ Mit Eintritt, Standmieten und Kuchenverkauf würden neue Anschaffungen für das Museum finanziert.

Die Puppen seien Zeitdokumente, stellten das Leben dar. Besucherin Petra Schäfer aus Ratingen ist mit ihrer Schwägerin gekommen: „Ich habe aus Nostalgie angefangen, mich mit Puppen zu beschäftigen.“ Eine Puppe habe sie auf dem Markt gesehen, die sie ganz ähnlich seit mehr als 50 Jahren habe — nur sei die in der Ausstellung in neuerem Zustand. „Ich habe überlegt, an meiner Puppe etwas machen zu lassen, aber man hat mir abgeraten. Es ist halt eine alte Puppe“, sagt Schäfer. Sie sammle, aber mit dem Kaufen halte sie sich zurück: „Das wird schnell teuer.“

Eine französische Puppe am Stand von Hildegard Roth stammt von 1890. Die Figur eines Mädchens im Seidenkleid, mit Schuhen, Strümpfen, sogar mit Unterwäsche soll 3000 Euro kosten. „Besonders schön sind die Mandelaugen. Die Seide des Kleides ist nach mehr als 100 Jahren ganz verschlissen, man sieht die Fäden. Aber so gehört das halt“, sagt Roth. Puppen seien damals nicht unbedingt zum Spielen gemacht worden, sondern um die Mode darzustellen — quasi eine historische „Vogue“.

Händler Peter Brünnagel aus Nörvenich verkauft Stoffe für Puppenmacher: reine Baumwolle, handgefärbte Muster. Eine Rolle mit fein gesticktem Band zeigt der gelernte Schneider vor: „Das ist Spitze von 1900. Wenn die weg ist, gibt es das nicht mehr.“ Die Maschinen seien längst verschrottet, die Fäden seien 80mal feiner als sie heute üblich seien. „Wie es weiter geht, wissen wir nicht genau“, sagt Beate Arians. Es gebe Diskussionen über den Fortbestand der Spielzeugsammlung im Museum. Erben eines Leihgebers hätten viele Ausstellungsstücke zurück geholt und verkauft: „Wir versuchen, die Sammlung neu aufzubauen.“