Zwischen Ablehnung und Hilfsbereitschaft

Bei einer Fragestunde zur geplanten Flüchtlingsunterbringung in Hösel wurden die Bürger über die Situation informiert.

Foto: Janicki

Ratingen. Der rüstige Senior, dem Augenschein nach einer, der zumindest die Ausläufer des Zweiten Weltkrieges noch mit bekommen haben dürfte, sitzt mit verschränkten Armen in der ersten Reihe. Beteiligen möchte er sich an der Fragestunde der Stadtspitze zum Thema Flüchtlinge in der Wilhelm-Busch-Schulturnhalle nicht, zu sagen hat er aber dennoch eine ganze Menge: „Das wissen die Komiker doch alles gar nicht“, schimpft er deutlich hörbar über Bürgermeister Klaus Pesch und seinen Vertreter Rolf Steuwe.

Und als sich dann noch eine junge Frau — unter dem zugegeben zaghaften Beifall der Anwesenden — doch tatsächlich erkundigt, wo man sich ehrenamtlich engagieren könne, um den neuen Nachbarn bei der Integration durch Deutschunterricht zu helfen, da ist es Aus: Der gut gekleidete Rentner wirft der jungen Frau, vielleicht Mitte 25, quer durch den Saal vernichtende Blicke zu, schüttel übertrieben den Kopf.

Ein besseres Symbolbild für die Stimmung im Stadtteil anlässlich der — wahrscheinlich nur vorübergehenden — Unterbringung von bis zu 100 Flüchtlingen in der großen Turnhalle der Grundschule gibt es nicht.

Hier der Wunsch, den Menschen eine Chance zu geben, auf der anderen Seite totale Ablehnung, die sich zwar nicht durch blanke Hassparolen offenbart, aber wie ein immer dichter werdender Nebel über Teilen des voll belegten Saals liegt.

Die Stimmung im Saal ist nicht komplett ablehnend, die Kritiker der Situation scheinen aber durchaus in der Überzahl zu sein. Viele Fragen an die städtischen Vertreter offenbaren — wohl auch von Vorurteilen geschürte — Ängste: „Ich habe gehört, dass die meisten Flüchtlinge sehr aggressiv sind. Wie schützen Sie uns vor diesen Menschen?“, fragt eine Frau.

Eine Mutter wiederum macht sich Sorgen, dass in der Halle nun eine potenzielle Gefahr für die körperliche Unversehrtheit ihrer Kinder, die die Schule besuchen, bestehen könnte: „Was tun Sie, damit unsere Kinder nicht Opfer von Übergriffen werden?“

Sozialdezernent Rolf Steuwe kennt diese Fragen mittlerweile nahezu alle, aus der Ruhe bringt ihn nichts mehr, hat er doch zahlreiche solcher Runden mit seinem Team durchgeführt. Er beantwortet sie alle, gibt aber zu, dass er mit der Turnhallen-Lösung überhaupt nicht zufrieden ist: „Wir hatten keine andere Chance. Als Schuldezernent bin ich nicht glücklich über diese Situation, dass der Unterricht betroffen ist. Aber das höhere Gut ist es einfach, Menschen vor drohender Obdachlosigkeit zu schützen.“

Neben diffusen Ängsten gibt es auch ganz praktische Fragen: Wird es Betreuung für die Menschen geben? Wie sieht es mit dem Abfall aus, der anfällt? Über allem aber immer wieder das Damoklesschwert: Wer kommt? Und wie lange? Antworten darauf gibt es nicht. Die Wege der Bezirksregierung sind unergründlich, Einfluss auf die Belegung hat die Stadt nicht.

Da hilft es auch nicht, dass Karl-Ernst Tewes, Höseler Urgestein, seine Worte von einer ähnlichen Veranstaltung vor einigen Wochen wiederholt: „Es ist ein Unterschied, ob Menschen kommen, denen zuhause Bomben auf den Kopf fallen, oder ob sich jemand vom Balkan hier niederlässt.“ Da regt sich leichter Unmut im Saal: Menschen in Klassen einteilen, das möchten die meisten Höseler dann doch nicht.