Abseits der bequemen Pfade
Auf einem Parcours in Wülfrath zeigen Offroad-Fahrlehrer, was ein Geländewagen alles mitmacht. Die WZ nahm eine Stunde.
Ein Allradfahrzeug tastet sich an eine steinige Klippe vor. Im falschen Auto ist hier der Weg zu Ende. Im „Defender“ (deutsch: Verteidiger) ist das einfach nur eine Straße mit 110-prozentigem Gefälle. Also: Ersten Gang einlegen und ab über die Kante. Der Wagen kann das. Sagt zumindest Offroad-Lehrer Michael Buckermann. Als sich das Auto um 55 Grad in die Tiefe neigt, baumeln Fahrer und Fahrtrainer mit vollem Körpergewicht im Sicherheitsgurt. In der wilden Landschaft des Landrover Experience-Centers in Wülfrath vergisst keiner das Anschnallen. Es steht auch sicherlich kein frischer Kaffee im Becherhalter.
Auf 120 000 Quadratmetern toben sich in einem ehemaligen Rheinkalk-Steinbruch diejenige aus, die gerne abseits bequemer Pfade mit dem Auto unterwegs sind. Landrover bietet den Besuchern dort ein Gelände-Fahrtraining. Michael Buckermann sagt: „Wir wollen den Leuten Vertrauen zum Fahrzeug geben.“ Natürlich zu den sechs Landrover-Modellen zwischen denen die Kunden wählen können, denn der Hersteller will demonstrieren, was sein Produkt drauf hat.
Im Jahr lassen sich nach Angaben des Experience-Centers rund 8000 Menschen jährlich auf dem künstlich angelegten Parcours durchschütteln. Viele haben völlig falsche Vorstellungen vom Geländefahren. „90 Prozent stehen hier mit anderen Erwartungen“, sagt Buckermann. Geländefahren habe nichts mit schnellem Fahren zu tun. Der 36-Jährige muss die Träume so manches Adrenalinjunkies platzen lassen: „Wir fahren hier mit ein bis zehn Stundenkilometern — das ist keine Rallye.“
Der Geländefahrer sollte vernünftig sein, strategisch fahren und seinen Wagen kennen. „Wir nehmen nie den kürzesten Weg, sondern immer den besten“, sagt Buckermann. Trotzdem wird es ab und zu etwas rauer. Der Instructor steuert auf ein Hindernis „Level 2“ zu — für Fortgeschrittene. Die Strecke führt über einen felsigen Hang, den selbst im Outback niemand mehr als Straße bezeichnen würde. Der „Defender“ macht ruckartige Bewegungen wie ein mechanischer Bulle. Buckermann gibt wertvolle Tipps: „Die Daumen am Lenkrad außen halten und den Kopf nicht zu nah an der Scheibe.“
Gefährlich werde es auf dem Parcours meistens in Situationen, die gar nicht so brisant aussehen. So dürfen die Fahrschüler auch über seitliche Schräglagen fahren. 32 Prozent Neigung — viel mehr wäre gefährlich. „In der Schräglage passieren die meisten Unfälle“, berichtet Buckermann. Auch im Experience-Center habe es schon gekracht. „Aber es gab nie Personenschäden“, sagt er. Verursacher seien immer die Instructor selbst, nie die Schüler. „Weil wir die Grenzen austesten.“
Zum Ausprobieren lädt das Gelände in Wülfrath, das seit 1998 in Betreib ist und weiter Lhoist gehört, geradezu ein. Es gibt Wüstenabschnitte, Steilhänge, künstliche Bäche, befahrbare Treppenstufen und sogar eine Auto-Wippe. Das vielleicht frustrierendste Hindernis kommt am Schluss und gehört nicht zum Parcours: Eine steinige Kiesauffahrt führt vom Parkplatz aus dem Gelände raus. Vielleicht, um Kleinwagen zu ärgern.