Wirtschaft fördern statt fordern
Die Stadt hat die Gebühren für Außengastronomie erhöht.
Wülfrath. Wenn’s Wetter sich bessert, wenn die Temperaturen nach oben klettern, wirtschaftet es sehr. In doppelter Hinsicht: Kneipen und Restaurants, die draußen Tische und Stühle stehen haben, dürfen auf erhöhten Umsatz hoffen. Langfristig füllt das auch das Stadtsäckel. Immer mehr Gastronomen erweitern möglichst ihre Flächen, außerdem bieten künftig noch mehr Wirte open air an. Alles gut?
Wer nach Wülfrath schaut, muss das leider verneinen. Die Stadt hat zu Jahresbeginn die Gebühren für die Außengastronomie erhört. Und zwar kräftig um mindestens 50 Prozent. Einige Wirte sind stinkesauer und fordern von der Stadt, dies zu ändern. Was wie kommunales Raubrittertum ausschaut, gibt auf den zweiten Blick aber eher die Frage auf: Wem soll Freiluft-Gastronomie eigentlich dienen und helfen?
Die Stadt verdient nur wenig dran. 2015 wurden 14 Betrieben Erlaubnisse für diese Sondernutzung für eine Gesamtfläche von 241 Quadratmeter erteilt. Das füllt den Stadtsäckel mit 3825 Euro. Vor der Preiserhöhung 2014 kassierte die Stadt lediglich 2200 Euro für zwölf gastronomische Betriebe mit einer Gesamtfläche von 201 qm. Die Wirte müssen entsprechend zahlen: In der Vergangenheit zwei Euro pro Quadratmeter und Monat. Im Vergleich zu den Nachbarstädten lag Wülfrath mit dem Tarif unter dem Durchschnitt (Heiligenhaus 2, Mettmann 3,50, Haan, 3,66, Hilden 3,75, Velbert 3 bis 5, Wuppertal 6,10). Die Stadt erhöhte deshalb letztlich auf 3 Euro qm/Monat.
Es gibt aber noch einen Bonus der Stadt: Generell wird die Sondernutzung für die Monate Mai bis September erlaubt. Für diesen Zeitraum werden die Gebühren berechnet und festgesetzt. Tatsächlich können die Betriebe Stühle und Tische zwei Monate vor und nach der erlaubten Zeit nutzen. Aber nur wenn’s Wetter hält, sagen die Wirte und verweisen auf kalte, regnerische Tage, an denen an die Stadt gezahlt, aber vom Gast nicht mit Mehrumsatz kassiert werden kann. Deshalb der Vorschlag einiger Wirte von wetterabhängigen Gebühren: Regnet’s, zahlt man, regnet’s nicht, fließt kein Geld. Wie soll das denn funktionieren: Soll die Stadt nun nachprüfen, wann’s Wetter gut war, um anschließend Gebühren zu erheben? Wir hören schon diejenigen (womöglich sogar Wirte), die dann klagen, die Bürokratie nehme überhand, verlange immer mehr amtliche Nachweise. Und überhaupt...
Dem kann die Stadt nicht nachgeben. Vielmehr sollte die Politik eine Diskussion anstoßen, ob Wirtschaften nicht eher Wirtschaftsförderung verdienten. Warum verzichtet die Stadt nicht auf die überschaubare Summe von 3825 Euro und sieht Außengastronomie eher als aktive Wirtschaftsförderung, die es den Gastronomen erleichtert, Stühle und Tische rauszustellen? Herr Hinz und Frau Kunz würden sich freuen. Und in Zukunft vielleicht auch die Stadt und ihr Haushalt. Sollten Wülfraths Innenstadt und die Randlagen in Düssel und Rohdenhaus/Flandersbach dann „draußen“ boomen, weil mehr Wirte sich trauen, nach außen zu gehen, kommt auch deutlich mehr Geld ins Stadtsäckel. Es wäre eine Win-win-Situation. Nein, eine Win-win-win-Situation: auch Frischluftfans genießen draußen noch öfter.