Bergische Diakonie: Kaffee und ein Zuhörer

Die Bergische Diakonie hat in der Ellenbeek das Café Oase eröffnet, das sich an psychisch kranke Eltern und deren Kinder richtet.

Wülfrath. „Psychisch kranke Eltern haben Kinder.“ Hilde Benninghoff-Giese sagt es nüchtern. Doch hinter dieser Feststellung der Abteilungsleiterin in der ambulanten Jugendhilfe der Bergischen Diakonie (BDA), stecken viele Dramen. Schicksale, die in dem Café Oase eine Anlaufstelle finden. Am Donnerstag hat die BDA diese Einrichtung im Stadtteilcafé Ellenbeek eröffnet.

„Wer ist schon gerne krank?“, fragt Benninghoff-Giese rhetorisch. „Und dann auch noch psychisch krank?“ Viele würden es auch gar nicht wahr haben wollen. Erst das Verdrängen, dann die Angst, zu versagen: „Plötzlich traut sich eine Mutter nicht mehr aus dem Haus“, skizziert sie eine mögliche Entwicklung. Und dann sind es die Kinder, die den Alltag bewältigen müssen. Die ältere Schwester kümmert sich darum, dass der kleine Bruder pünktlich zum Kindergarten kommt. Sie geht einkaufen, muss das Mittagessen herrichten.

Auf 60 bis 80 betroffene Familien „mindestens“, schätzt Benninghof-Giese die Zahl der Betroffenen. Ein Problem sei, dass bisher in Wülfrath Ansprechpartnern fehlten, die sowohl die Eltern als auch die Kinder in den Blick nahmen. „Oase soll das leisten.“ Das Angebot sei bewusst niederschwellig. „Ein neutraler Ort, den man eher aufsucht als eine Beratungsstelle“, fügt sie an. So könne auch erst einmal nur ein Kaffee getrunken werden. „Es muss nicht gleich zum Gespräch oder gar zur Beratung kommen“, betont sie eine „Chance zurückhaltender Kontaktaufnahme“.

Angsterkrankungen und Depressionen treffen Eltern aller Nationalitäten und Generationen. „Immer mehr junge Eltern sind betroffen, weil sie glauben, einer Situation nicht mehr Herr zu werden“, skizziert die Expertin. Besonders betroffen seien: Frauen mit Migrations-Hintergrund. Benninghoff-Giese: „Sie kommen oft zu spät, weil es ihnen von der Kultur her nicht gestattet ist, psychisch krank zu sein.“

Die Deutsch-Türkin Nermin Özkan-Niederhoff hatte den Mut zusammen genommen, „und trotz aller Vorurteile um Hilfe bei der Stadt gesucht.“ Unsicherheit, Angstzustände — ihr Leben geriet aus den Fugen. Die verständnisvolle, warmherzige Begegnung mit Therapeuten habe ihr geholfen. „Dabei ist es wichtig, vermittelt zu bekommen, miteinander auf Augenhöhe zu reden“, sagt sie. Und: „Menschen, die Hilfe leisten, sind sehr wertvoll.“

Ziel des Experten im Café Oase ist es, „die Lebensituation der betroffenen Familien zu verbessern, die Familiensysteme zu erhalten“, so Sozialarbeiter Thiemo Maihöfer. Jörg Hohlweger, BDA-Vorstand, vergleicht die Arbeit in der Oase mit dem Brunnenbau: „Es ist anstrengend einen Brunnen auszugraben. Hoffentlich gelingt es — mit viel Wasser für Sie und die Betroffenen.“ Für die Stadt begrüßt bei der Eröffnungsfeier im Café Sozialamtsleiter Mike Flohr die Einrichtung. „Dieses Café bietet Raum für Treffen für Eltern und Kinder.“

Den Schlusspunkt der Veranstaltung setzt ein Kinderchor aus Einrichtungen der BDA mit einem selbst getexteten Mutmacher-Lied: „Ich bin ich, Ihr seid ihr.“