CDU Wülfrath: Gerd Rammes tritt zurück

Parteifreunde wurden per E-Mail informiert. Die Fraktion will einen neuen Beigeordneten.

Wülfrath. Eine Fraktion im Schockzustand: CDU-Fraktionsvositzender Gerd Rammes wird zum 30. September sein Ratsmandat niederlegen. Das hat er seinen Parteifreunden gestern um 15.26 Uhr per E-Mail mitgeteilt. Am Donnerstag will sich der Fraktionsvorstand beraten. Weder seine Stellverteterin Birgitt Schmahl noch sein Freund und Weggefährte, Bürgermeister Horst Hoenke, waren zu Stellungnahmen bereit. "Mit dem Jungen habe ich alles erlebt", sagte Hoenke und war hörbar betroffen über Rammes’ Entscheidung. "Nach einigen Tagen des verschärften Nachdenkens habe ich mich entschieden, meine kommunalpolitische Tätigkeit in und für die Stadt Wülfrath zum 30. 9.2007 nach 32 Jahren zu beenden. Den Versuch einer persönlichen Erklärung dazu werde ich in den nächsten Tagen verfassen. Es ist mir in den letzen Wochen und Monaten vermehrt nicht mehr gelungen, mich mit meinen Auffassungen von "politisch richtig/ politisch falsch" verständlich zu machen, auch bei meinen politischen Freunden nicht. Aber einem für Wülfrath insgesamt von der CDU gewünschten Neu-Anfang will und werde ich nicht im Wege stehen", heißt es in Rammes’ Erklärung.

Seidler lobt Rammes für seine konsequente Haltung

"Ich bin schon traurig", sagte Rammes der WZ. "Aber irgendwann ist einfach Schluss", fügte er hinzu und merkte an, dass die Entscheidung nichts mit der Klage von Uwe Clees gegen die Stadt zu tun habe. Der Tropfen, der das Fass vielleicht zum Überlaufen brachte, war eine Entscheidung der Fraktion am Montagabend - eine Sitzung, der er in Absprache fern geblieben war. Eine Mehrheit der CDU hatte da beschlossen, die Stelle des 1. Beigeordneten/Kämmers neu auszuschreiben. "Ich hatte mit den Mund fusselig geredet, hatte immer eine andere Meinung, was die Personalstruktur im Rathaus angeht", so Rammes. Er hatte sich für eine Wiederwahl Wolfgang Peetz’ stark gemacht. Eine Mehrheit - nicht alle Fraktionsmitglieder waren bei der Abstimmung dabei - sah das anders. Er werde sich nicht verbiegen lassen. Er ordne zunächst einmal mein Umfeld. "Mal sehen, wo es mich beruflich hinführt." "Ich ziehe den Hut vor Gerd Rammes, dass er so konsequent ist", würdigte Stadtverbandsvorsitzender Andreas Seidler die Entscheidung. Diesen Schritt müssten viele im Rat in allen Fraktionen tun, "dann wird der Klüngel in Wülfrath gebrochen", sagte er. Die CDU habe Rammes viel zu verdanken: "Ohne ihn wären wir nicht die stärkste Fraktion." Das unvollendete Talent
Kommentar von Thomas Reuter
Der Polit-Dino nimmt den Hut: Über 30 Jahre lang war Gerd Rammes in der Kommunalpolitik aktiv, im Rat in der ersten Reihe, zwei Jahrzehnte als Chef der CDU-Ratsfraktion - ein starker Mann in Wülfrath, ein Alpha-Männchen. Zuletzt war es jedoch einsam um ihn geworden. Alte Weggefährten hatten sich von ihm abgewandt. Die Attacke der jungen CDU-Stadtverbandsführung gegen die Bürgermeisterin wurde - fälschlicherweise - ihm zugeschrieben. Doch das war nicht der Grund für seinen Rücktritt. Dass er nicht mehr die Partei uneingeschränkt hinter sich hatte, wurde bei der vergangenen Landtagswahl deutlich, als er überraschend als Kandidat durchfiel. Dann scheiterte er im Stadtverband, als er einen neuen Vorstand gegen die damalige Vorsitzende Erdelen-Schäfer durchsetzen wollte. Im Frühjahr kehrte er der GWG, deren Aufsichtsrat er vorstand, den Rücken. Vergangene Woche dann die Klage von Uwe Clees gegen die Stadt - mit dessen Ankündigung, Rammes sei sein Kronzeuge. Und nicht nur ein Leserbrief-Verfasser eine besonderes "Geschmäckle" fest. Rücktrittsforderungen wurden laut - auch parteiintern. Über Jahre galt Rammes als großes Polittalent der Union - reif für höhere Weihen. Doch sein Lebenswandel, seinVerhalten, seine Lebenslust, die damit einhergehenden privaten und beruflichen Krisen, standen ihm im Wege. Zuletzt kämpfte Rammes verbissen für seine Positionen. Aber das politische Gespür scheint er verloren zu haben. So bleibt Rammes ein unvollendetes Talent. Und der Rat verliert nach Klaus H. Jann eine weitere profilierte Figur, einen Wortführer - und zweifelsohne auch ein Stück lokale Kompetenz. Wird dadurch die Politik kalkulierbarer - oder gerät das "Schiff Wülfrath" weiter ins Schlingern? Als die Diskussion um einen Abwahlantrag der Bürgermeisterin losgetreten wurde, kamen auch Stimmen auf, die einen kompletten Neuanfang forderten - ohne die Bürgermeisterin, ohne die Beigeordneten, ohne die alte Politgarde. Gerd Rammes tritt zurück. Ralph Mielke hat mit dem Rathaus bereits abgeschlossen. Und für die Wiederwahl von Kämmerer Wolfgang Peetz ist eine Mehrheit fraglich. Wülfrath verändert sich zurzeit rasend schnell. Thomas.Reuter@westdeutsche-zeitung.de