Das Rudelsingen feiert Premiere

Kantor Thomas Gerhold probiert als neues Format den ungezwungenen Gesangsabend für jedermann in der Kult(ur)kirche aus.

Foto: Achim Blazy

Wülfrath. Rudelgucken im Sinne eines „Public viewing“ kennt spätestens seit fußballerischen Großereignissen jeder. Was Rudelsingen angeht, ist dieser populäre Status noch nicht ganz erreicht. Jedenfalls nicht in Wülfrath. Hier hebt sich der Vorhang fürs neue Format nun zum ersten Mal. Thomas Gerhold sei Dank. Der umtriebige Kantor, der „nahezu jeder Musikrichtung etwas abgewinnen kann, wird sie nur mit Disziplin und Können präsentiert“, hatte schon länger die Idee zur Veranstaltung. „Ich habe das in einer Bochumer Kneipe aufgeschnappt“, erzählt der Musiker. „In guter Atmosphäre wurden da von allen Leuten Gassenhauer geschmettert.“

Thomas Gerhold, Kantor

„Das ist eine Mischung aus Karaoke, Schlager-Party und Chor.“ Gegen Eintritt treffen sich dabei idealerweise mehrere hundert Menschen zum gemeinsamen Singen. Wichtiger als Talent und Tonsicherheit ist der Spaß am Singen. Anders als bei Karaoke muss sich auch kein Einzelner bloßstellen, sondern im Kollektiv erprobt man sich. Die Texte bekommen die Hobbysänger per Beamer an die Wand projiziert, Klavier oder Keyboard, so plant es der umtriebige Kantor, sind zusätzliche Stützen.

„Die Mischung macht’s“, verrät er das Geheimnis eines gelungen Liederabends. Deshalb steht auch kein Programm in Stein gemeißelt. „Jeder soll gespannt sein, was als Nächstes kommt.“ Und so könnte theoretisch auf den „Highway to hell“ von AC/DC die Kinderhymne über die „Biene Maja“ folgen. Oder auf „Schuld war nur der Bossa Nova“ ein Schmuselied von Abba. „Schlager aus den 30er bis 50er Jahren stehen ebenso auf dem Programm wie Rod Stewards „Sailing“ oder Bekanntes von Herbert Grönemeyer oder Marius Müller-Westernhagen.“

Natürlich ist manchmal auch Kreativität jenseits des reinen Absingens gefragt, spielt der studierte Musiker darauf an, dass auch Helene Fischers „Atemlos“ umgeschrieben auf eine reine Moll-Variante einen ganz „neuen Charakter entwickelt“. Oder „Marmor, Stein und Eisen bricht“ zweistimmig auf Frauen und Männer verteilt „sehr anders klingt“. Austragungsort ist die Kult(ur)kirche. Die Bestuhlung wird „locker gestaltet“, auch an Stehtischen und rund um die Bar sollen die Gäste sich platzieren. Überhaupt spielt die Bar keine unwesentliche Rolle. Denn während die Kantorei — nicht alle 100 Mitglieder werden mit von der Partie sein, aber doch der Löwenanteil — singt, können die Hobbysänger ihre Stimmbänder mit Getränken ölen. Es gilt : „Je größer das Rudel, desto massiver der Unterhaltungsfaktor.“

Ein Erfolg ist der Premierenabend, wenn die Gäste fragen, wann das nächste Rudelsingen stattfindet. Ein Folgetermin plant Thomas Gerhold allerdings erst fürs Frühjahr 2017. Denn „mental bin ich bereits völlig im Schneetreiben“, spielt er auf die bereits jetzt laufenden Vorbereitungen für sein berühmtestes Format, die „Adventskammer“. Sie steht in diesem Jahr unter dem titelgebenden Motto „alpenländische Weihnacht“ und wird „authentische Volksmusik vom Andachtsjodler bis zur Bauernmesse“ beinhalten.