Der junge Mann und der See
Angelo Mais (21) holte einen Riesen-Wels aus dem Bieker-Forellenteich. Seit vier Jahren hatte es der Angler auf den Fisch abgesehen.
Neviges. Drei Ruten hat der Fang seines Lebens Angelo Mais gekostet. Bis der 21-jährige Angler schließlich den 2,20 Meter langen Wels aus dem Forellenteich der Familie Bieker im Windrather Tal ziehen konnte, verging eine Ewigkeit. „Ich hatte es schon seit vier Jahren auf den Wels abgesehen“, sagt Mais. In den vergangenen vier Wochen spitzte sich der Kampf zwischen Mensch und Fisch dann zu. Drei Mal hatte Mais den Brocken an der Angel, drei Mal brach die Rute im letzten Moment. „Der Fisch hat mich sicherlich 1000 Euro gekostet“, sagt Mais. Doch er lacht: „Das war es aber wert.“
Die Besitzer des Forellenteiches hatten vor mehr als 30 Jahren eine Hand voll junger Welse in den Teich gegeben. Der 90 Kilo schwere Fang von Angelo Mais war der letzte seiner Art.
Wieso das Unterfangen ausgerechnet dieses Mal gelang? Mais sagt: „Das war wie ein Sechser im Lotto.“ Am frühen Morgen biss der Fisch an. Mais ließ ihn noch eine Stunde schwimmen, wartete auf den richtigen Moment und hievte das Tier schließlich mit der Unterstützung seiner Angler-Kollegen an Land. „Ich war schweißgebadet“, erinnert sich der 21-Jährige, der nach eigenen Angaben wegen der vergeblichen Jagd nach dem Fisch bereits kurz vorm nervlichen Zusammenbruch stand.
Am Ende sollte Mais die Oberhand behalten. Den Wels gab er schließlich an einen Bekannten, der ein Restaurant in Heiligenhaus betreibt. „So ist er wenigstens nicht umsonst gestorben“, sagt Mais und klingt ein wenig so, als spreche er von einem alten Freund.
Auf dem Forellenhof Bieker ist der Riesenfang längst die Anglergeschichte Nummer eins. Täglich werfen hier Besucher ihre Rute aus und holen Forellen, Aale, Karpfen und Lachsforellen aus dem natürlichen Gewässer.
„Vor 50 Jahren hat mein Schwiegervater den Betrieb aufgenommen“, berichtet Bernhard Bieker (69), der mit seiner Frau Marlene bereits seit 32 Jahren an dem ungefähr 50 mal 100 Meter großen Gewässer nach dem Rechten sieht. „Wir haben hier ganz gesundes Wasser“, stellt Bieker nicht ohne Stolz fest. Sogar die unter Naturschutz stehenden Eisvögel würden vor Ort brüten — der beste Beweis für einen reinen Teich.
Gleichzeitig handelt es sich bei dem Gewässer um einen Löschteich. Jederzeit könnte die Feuerwehr kommen und bei einem Brand in der ländlichen Umgebung das Forellen-Zuhause anzapfen. „Passiert ist das aber noch nie“, sagt Bieker. Selbst haben die Rentner nichts fürs Angeln übrig. „Keine Zeit“, sagen die Biekers kurz und bündig.
Andere Teichbesucher wie Angelo Mais kriegen gar nicht genug von dem Sport. „Ich bin jedes Wochenende da und dann noch so oft es geht in der Woche“, sagt er. Schon mit fünf Jahren habe ihn das Fieber gepackt. „Angeln ist mein Leben. Dieser Sport geht bei mir vor allem anderen“, sagt er. Das wissen auch seine Freunde. Bei denen sei er seit dem großen Wels-Fang nun der absolute Profi, berichtet Mais. Er ist sichtlich stolz, und das zu Recht. Dieser historische Fang im Windrather Tal — die Fotos beweisen es — hatte ausnahmsweise nichts mit Anglerlatein zu tun.