Die Kirche ist sein zweites Zuhause

Der Düsseler Axel Neubauer hat mehr als 15 Jahre Besucher durch die Kirchen des Ortes geführt. Als Protestant auch durch das katholische Gotteshaus von St. Maximin.

Wülfrath. Über die Holzfigur des Drachentöters und Nothelfers St. Georg weiß er Bescheid, ebenso über St. Maximin, dessen Statue den prunkvollen Hochaltar krönt. Er kennt die Baugeschichte der massigen, alten Wehrkirche an der Dorfstraße und alle Einzelheiten der Ausstattung. Am Samstag führte der Düsseler Axel Neubauer noch einmal eine Besuchergruppe durch die katholische Kirche im Ort. Mehr als 15 Jahre lang hat sich der 81-Jährige eingehend mit allem befasst, was die Düsseler Kirchen angeht. Er hat Besuchern unzählige Fragen beantwortet. Am 15. Juli folgt noch ein Termin in der evangelischen Kirche, dann zieht er sich aus gesundheitlichen Gründen zurück.

Die Kirche ist sein zweites Zuhause
Foto: Dirk Lotze

Axel Neubauer

Neubauer sagt: „Man kann an dieser Kirche ablesen, wie die Leute früher zu Gott gebetet haben. In 50 Jahren wird das wieder anders sein.“ Bis auf die Zeit um das Jahr 700 verfolgt er die Geschichte zurück. Bis zu einem Mönch aus Italien, der an dieser Stelle eine Kapelle gebaut haben soll. Später folgte die erste Kirche, winzig im Vergleich zu heute. Die Gründer hatten Verbindung nach Trier, deshalb wählten sie als Patron einen Heiligen von dort, eben St. Maximin.

Neubauer zeigt bei seinen Rundgängen den Taufstein und die Seitenschiffe. Die Toten seien früher auf dem Kirchhof bestattet worden: mit den Füßen nach Osten, damit sie bei der Auferstehung gleich Christus sehen können. Ab 1612 war St. Maximin einige Zeit lang sogar evangelisch, weil alle im Ort sich der neuen Konfession angeschlossen hatten. Neubauer erzählt den Gästen von der 900-Jahr-Feier 2010/11, für die der damalige Pfarrer Heinz-Otto Langel sogar den Kardinal und die Musikgruppe Bläck Fööss nach Wülfrath gebracht hatte.

Mit einer Taschenlampe leuchtet der 81-Jährige die Nische unter dem Altar aus: „Hier zeigt der Künstler alles, was zur Kreuzigung gehört: Das Leichentuch Christi, Hammer, Nägel und Hände.“ Die Besuchergruppe drängt sich eng um ihn. Für Neubauers letzten Termin in der katholischen Kirche hatten sich 30 Mitglieder der Fördergemeinschaft St. Georg angemeldet. Rolf Faoro von der Gruppe erläuterte: „Wir sind von der Stadtmitte zu Fuß gekommen und gehen weiter nach Hammerstein. Ich finde wichtig, dass so ein Ort wie diese Kirche erklärt wird. Die Leute kennen heutzutage Tahiti, aber manche kennen Düssel nicht.“

Kirchenführung ist für Neubauer ganz persönlich wichtig, und zwar ausdrücklich als Ehrenamt: „Das ist doch auch eine Art Gottesdienst, finde ich, wenn man eine Führung macht. Neulich hat mir jemand 20 Euro in die Hand gedrückt. Ich will das nicht. Ich habe die in den Opferstock gesteckt.“ Und er selbst? „Ich weiß nicht, ob man es sieht: Mir macht das Spaß.“ Man sieht es.

Zu seiner ungewöhnlichen Aufgabe ist der Düsseler Anfang des Jahrhunderts gekommen, kurz nach dem Antritt des evangelischen Pfarrers Jochen Lütgendorf, der inzwischen nach Düsseldorf gewechselt ist. Neubauer war Presbyter und übernahm einige Male Küsterdienste bei Beerdigungen: „Ich musste warten, bis der Pfarrer vom Friedhof zurückkam. In der Zeit kamen Leute in die Kirche und haben gefragt: Wann ist das denn gebaut worden? Oder anderes. Ich habe das nicht gewusst, und ich hab’ mich wie ein dummer Junge gefühlt.“

Axel Neubauer

Ein Zustand, der sich ändern ließ. Neubauer machte sich kundig, anhand von alten Unterlagen, anhand des Buches zur Geschichte von Düssel von Josef Walkiewicz von 1941 und anderen Schriften. Dann stellte er eigenes Material zusammen — wie selbstverständlich auch zur katholischen Kirche. Axel Neubauer sagt: „Hier wird Ökumene groß geschrieben.“ Er habe sich dafür eingesetzt, dass die evangelische Kirche außerhalb der Gottesdienstzeit geöffnet wird, wie es in der katholischen Kirche schon längst üblich war: „Es kommen Leute herein, einfach um zu schauen. Andere suchen einen Rückzugsraum. Es ist wunderbar.“

Auf die Dienste bei den Führungen zu verzichten, ist für Axel Neubauer erkennbar ein Abschied. Es geht halt nicht mehr anders. Bis vergangenes Jahr sei er Motorrad gefahren, das habe er auch aufgegeben. Als Ausgleich hat er einen Vortrag zusammengestellt über Geschichte und Verfolgung von Geistlichen in der Nazi-Zeit. Ein Abend zur Präsentation zusammen mit dem Bürgerverein ist schon geplant. Für die Kirchenführungen wird Nachwuchs gesucht.