Die Zeichen stehen auf Frühling

Der Igel lässt sich sehen, Weiden und Hasel treiben aus: Bei Temperaturen bis 15 Grad steht die Tier- und Pflanzenwelt Kopf.

Foto: Patrick Pleul/dpa

Neviges. Es brauchte gestern nicht viel Vorstellungskraft, um sich an einen schönen Tag im Mai versetzt zu fühlen. Laut mehrerer einschlägiger Wetterportale im Internet gab es am Mittag Höchsttemperaturen von 15 Grad in Velbert — absoluter Rekord im Dezember.

Das irritiert nicht nur den Menschen, der plötzlich Lust auf Eis und Picknick verspürt, auch die Tier und Pflanzenwelt steht Kopf. Velberts Oberforstrat Peter Tuneke berichtet: „Weiden und Hasel treiben aus.“ Schlimm sei das nicht, es könnte aber dazu führen, dass die Pflanzen dann zum echten Frühling ihre Reservestoffe verbraucht haben und dann länger benötigen, bis sie wieder aktiv werden.

Ebenfalls ein Bote der warmen Temperaturen: der Igel. Auch der stachelige Geselle ist laut Tuneke noch im Wald unterwegs. Warum auch nicht, bei dem idealen Wetter?

Andere Tiere wie etwa die Wildschweine könnten im Frühling dicker als normal durch den Wald laufen. Tuneke erklärt: „Die haben sich jetzt bereits den Winterspeck angefressen. Bleibt der Winter weitestgehend aus, wird der nicht aufgezehrt.“ Was den Menschen stört, ist dem Tier aber nur Recht. „Denen geht es damit gut“, sagt der Förster. Andersherum sei es kritischer. Denn wenn schon im November ein langer harter Winter ausbricht, kann es passieren, dass bereits im Januar die wärmenden Reserven aufgebraucht sind. Dann sind die Tiere unter anderem anfälliger für eine Lungenentzündung.

Wer ein Vogelhäuschen hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass dort zwar Meisen und Spatzen auftauchen, sich jedoch zum Beispiel die Drossel nicht sehen lässt. Lothar Tergann, Leiter des Nevigeser Hegerings, weiß warum: „Die Drosseln finden jetzt noch genug tierisches Eiweiß durch Insekten.“ Meise und Spatz essen hingegen lieber Samen.

Besorgniserregende Folgen hat der kleine Temperaturausreißer für die Tier- und Pflanzenwelt nicht. Tergann erinnert: „Die Natur ist anpassungsfähig. Noch mehr als der Mensch.“ Doch bis sich das Verhalten der Tiere im Wald nachhaltig ändert, müsste schon der Winter über mehrere Jahre hintereinander deutlich milder werden

Auch Tuneke setzt das Wetter in Relation: „Das ist alles im Rahmen der Verhältnismäßigkeit. Die Natur kann das ab.“ Zudem sei ja noch viel Zeit für Frost und Schnee in den üblicherweise kältesten Monaten Januar und Februar. „Das ist jetzt erst einmal nur ein verspäteter Start in den Winter.“ Laut Wetterbericht soll es in den kommenden Tagen in der Region nur leicht „kühler“ werden: bis auf elf bis 13 Grad. Die weiße Weihnacht ist jenseits der Zugspitze wohl vom Tisch.