Ehrenamt nur noch mit Zeugnis

Ab Juli müssen Helfer aus Vereinen und Verbänden eine erweiterte Bescheinigung vorlegen.

Foto: Bundesamt f. Justiz

Wülfrath. Es war eine Mischung aus Unmut, Misstrauen, Ärger und Unverständnis, die Angela Sprink Ende September im Jugendhilfeausschuss entgegenschlug, als sie die Richtlinien des neuen Bundeskinderschutzgesetztes erläuterte und die Folgen aufzeigte: Ehrenamtliche, die Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen haben, müssen künftig ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Dies müsse auch die Stadt Wülfrath umsetzen, kündigte sie an.

Drei Monate später ist klar: Viele Vereine, Verbände und Organisationen sind angeschrieben worden, sie sollen die Zeugnisse ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter sammeln und an die Stadt schicken, sagt Angela Sprink vom Jugendamt. Es gebe zwar keine definitive Frist, aber bis zum Sommer sollen alle dem Stadtjugendring angeschlossenen Vereine und Organisationen die Bescheinigungen komplett vorlegen. „Das wäre auch der Zeitpunkt, wenn die Kinder- und Jugendfreizeiten in den Sommerferien starten.“

Einige Vertreter der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendarbeit, aus Vereinen und anderen helfenden Organisationen fürchten den Verlust von ehrenamtlichen Mitarbeitern. Der Grund: Müssen die Träger und Vereine von den Ehrenamtlichen, die Kontakt zu Kindern und Jugendlichen haben, ein erweitertes Führungszeugnis verlangen, könnten sich viele abwenden. Sprink glaubt das nicht: „Das ist ein Lernprozess, die Führungszeugnisse werden ganz normal werden.“

Sie wirbt für das Qualitätssiegel, das Vereine und ehrenamtlich Tätige für sich reklamieren können. Denn klar ist: Kinder und Jugendliche sollen wirksamer gegen Vernachlässigung, Gewalt und sexuelle Übergriffe geschützt werden.

Ein Baustein ist die Vorlagepflicht von diesen erweiterten Führungszeugnissen für jeden ehrenamtlich Tätigen. Dies diene dazu, einschlägig vorbestrafte Personen von der ehrenamtlichen Mitwirkung an der Aufgabenwahrnehmung in der Jugendhilfe fernzuhalten und auszuschließen, sagte Sprink im Ausschuss. Dem stimmt jeder zu, doch die Folgen machen Sorgen.

Gerd Bohnen vom Freiwilligen-Forum zum Beispiel befürchtete, dass er dann kaum noch einen motivieren könne, sich als Nachhilfelehrer, Aufsichtsperson oder Schulwegbegleitung zu engagieren. Im ersten Schritt wurden die Mitglieder des Stadtjugendrings aufgefordert. Hintergrund: Sie erhalten finanzielle Hilfen, das macht Druck. Doch bald sollen auch Musik- und Sportvereine miteinbezogen werden, die unabhängig agieren. Nach dem Sommer sollen auch sie von der Stadt angeschrieben werden.