Ein Baum ohne Lobby
Anwohner der Siebeneicker Straße ärgern sich über die Fällung einer 100 Jahre alten Buche. Die Aktion ist legal.
Erst machten die Kettensägen Lärm, jetzt Günter Peeters. „Mir reicht es“, sagt der Anwohner der Siebeneicker Straße. Was ihn so aus der Fassung bringt: In seiner Nachbarschaft wurde jüngst eine mindestens 100 Jahre alte Buche gefällt. Der beachtliche Baum prägte das Bild der Siedlung, stand jedoch auf einem Privatgrundstück.
Somit war der Eigentümer in diesem Fall zuständig und der sagte sich: Sense. Beziehungsweise: Säge. Peeters ärgert das. „Ich kann den Baum nicht mehr retten, ich kann nur Aufmerksamkeit erzeugen“, sagt er. Seine empörten Anrufe bei der Stadt Velbert und der Unteren Landschaftsbehörde brachten nur ein Ergebnis: Die Fällung war rechtens. In Mettmann und Wülfrath zum Beispiel wäre sie das wahrscheinlich nicht gewesen. Dort gibt es eine Baumschutzsatzung, die auch private Fällungen reglementiert.
Die Grünen in Velbert fordern in regelmäßigen Abständen immer wieder, dass auch vor Ort wieder das private Fällen strengeren Auflagen unterliegt. Vergeblich. „Die Lobby dagegen ist zu groß“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Andreas Kanschat. „Die Gegner sagen, eine Baumschutzsatzung greife in ihre Privatsphäre ein, weil sie auf dem eigenen Grundstück nicht mehr Fällen dürfen.“ Auch Kanschat wohnt an der Siebeneicker Straße und bedauert den Tod der Buche. „Ich konnte keine Krankheit erkennen und würde zu 99 Prozent sagen, dass der Baum gesund war“, sagt er.
Karl Friebe von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises bestätigt, dass Eigentümer bei Fällungen auf ihrem Grundstück freie Hand haben, wenn die Stadt über keine Baumschutzsatzung verfügt. Die Ausnahme: Es geht an den Artenschutz, dann ist der Kreis zuständig. „Es dürfen sich keine Nester im Baum befinden. Davon muss sich der Eigentümer selbst überzeugen“, sagt Friebe. Wer sich darüber hinwegsetzt, müsse mit einer Anzeige und einem empfindlich hohen Bußgeld rechnen. „Das kann je nach betroffener Vogelart auch eine vierstellige Summe werden“, berichtet er.
Zwischen dem 1. März und dem 30. September ist es zudem — auch Privatleuten — untersagt, Hecken und Sträucher zu beschneiden. Auch diese Regelung gilt dem Vogelschutz.
Entgegen der weit verbreiteten Meinung, dürfen Bäume, die in Privatgärten stehen, in dieser Zeit wohl gefällt werden. Das bestätigt auch Friebe. Der Paragraf 39 Absatz 5 des Bundesnaturschutzgesetzes wurde früher schärfer ausgelegt, inzwischen sind nestfreie Bäume im privaten Garten ganzjährig zur Fällung freigegeben. Günter Peeters kann diese Ausnahme nicht nachvollziehen: „Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn. Wofür gibt es das Gesetz dann?“