Ein Jawort bei der Lebenshilfe
Für Angela und Reinhard Striebeck beginnt mit ihrer Hochzeit ein neuer Lebensabschnitt. Ein Start in die Selbstständigkeit.
Wülfrath. Eigentlich eine ganz typische Hochzeit in Wülfrath: Angela und Reinhard Bernd-Striebeck gaben sich im Standesamt der Stadt das Jawort und krönten ihren besonderen Tag mit einer rauschenden Feier. „Wir hatten viel Spaß, alle Freunde und Bekannte waren bei uns“, berichtet die 54-jährige Braut, die besonders die Anprobe ihres Kleides aufregend fand. In einer Hinsicht allerdings war die Hochzeit nicht alltäglich: Das Paar hatte gleich mehrere Helfer, die sich liebevoll ihre „Weddingplaner“ nannten. Beide Eheleute stehen nämlich bei der Lebenshilfe unter Betreuung.
Das Jawort ist für die Bernd-Striebecks der große Schritt in eine verstärkte Selbstständigkeit. Angela sagt: „Das tollste an der Ehe ist das Zusammenleben.“ Die Frischvermählten wohnen seit Kurzem gemeinsam in einer kleinen Wohngemeinschaft der Lebenshilfe. Als sie sich vor acht Jahren bei der Arbeit in der Werkstatt kennenlernten, lebten beide noch im Wohnheim der Lebenshilfe Velbert. Später teilten sie sich dort ein Zimmer — aber das war nicht dasselbe. Ehemann Reinhard (53) berichtet: „Dort lebten auf einer Etage zwölf Leute. Und die haben immer alle durcheinander geredet. Hier ist es viel ruhiger.“ Jetzt haben sie zwei Mitbewohner in ihrer geräumigen WG-Wohnung.
Betreuerin Martina Rieger, die die beiden regelmäßig besucht, sagt: „Hier haben die beiden mehr Privatsphäre und konnten auch alles nach dem eigenen Geschmack einrichten.“ So ist die dominierende Farbe im Wohnzimmer etwa Lila, weil den beiden das so gut gefällt.
Reinhard Bernd-Striebeck über die Pflichten im gemeinsamen Haushalt
Mit den neuen Freiheiten kommen auch mehr Pflichten: Die Wülfrather schmeißen jetzt den Haushalt und kaufen selbst ein. „Wir bekommen unsere abgesprochenen Hilfen im betreuten Wohnen, aber Vieles können wir bereits alleine“, berichtet Ehemann Reinhard. Beide hatten sich in Velbert intensiv auf die neue Situation vorbereitet.
Wie es sich gehört, sind auch die Eheringe des Paares selbstausgesucht, und demnächst geht es zu zweit auf eine Hochzeitsreise nach Cuxhaven. Klappt auch dort alles gut, steht vielleicht in Zukunft auch ein größerer Urlaub an. „Die beiden haben den Wunsch, auch mal alleine eine Flugreise zu machen“, berichtet Martina Rieger. Mit der Ferienfreizeit geht es bereits in diesem Jahr in einer größeren Gruppe nach Mallorca.
Für die Lebenshilfe ist die Hochzeit in den eigenen Reihen ein außergewöhnliches Ereignis. Nicht einmal eine Handvoll Menschen haben bislang so zusammengefunden wie die ehemalige Nevigeserin und der ehemalige Langenberger. Wer kam eigentlich auf die Idee? „Das war ich“, sagt Reinhard Bernd-Striebeck. Einen klassischen Heiratsantrag habe er nicht gemacht. „Ich habe einfach gefragt und sie hat ,ja’ gesagt“, berichtet er. So einfach und unkompliziert kann es manchmal gehen.