Erzählungen von Drachentötern

Josef Schoenen trug Texte von Rainer Maria Rilke vor.

Wülfrath. „Er war ein Meister des Sprachklangs“, beschreibt Josef Schoenen den Schriftsteller und Dichter Rainer Maria Rilke, „und er war ein Mensch, der sehr aus der Tiefe geschöpft hat.“ Mit dieser Feststellung hat er das Wirken Rilkes auf den Punkt gebracht und gleichzeitig die komplette Aufmerksamkeit der Besucher des Rilke-Abends gewonnen. Unter dem Motto „Hiersein ist herrlich …“ hatte das Café Schwan zu einem „Spielfilm für’s Ohr“ eingeladen.

Wem da der Gedanke „noch so ein Rilke-Abend“ gekommen war, wurde sicherlich positiv überrascht, denn entgegen der hinlänglichen Gedicht-rezitationen, brachte Josef Schoenen mit seinem Rilke-Programm eine bunte Mischung mit, nicht nur was das Genre betrifft, sondern auch den Anspruch.

So wechselte er zwischen Märchen, Gedichten und Briefen, zwischen tiefgründigen Texten und heiter ironischen. Dazwischen lockerte er mit selbst komponierten Jazzstücken oder Liedern die ganze Atmosphäre auf.

So wie den Brief, den Rilke am 29. April 1904 an Friedrich Westhoff schrieb, und in dem er vom Alleinsein und auf sich Zurückgeworfensein des Menschen in Konflikten überleitet zu einer scharfsinnigen Analyse verschiedener Liebesbeziehungen. Gut beobachtet beschreibt er das unweigerliche Scheitern der Jugend, weil sie sich „ungeordnet einander hinwirft“ und rät, dass sie sich doch als „Stümper des Lebens, Lehrlinge der Liebe“ verstehen sollten.

Dagegen entlockte das Märchen „Der Drachentöter“ den Zuhörern immer wieder ein Schmunzeln, als sie der anfangs wohl bekannten Geschichte eines Königs folgen, der dem Helden seine wunderschöne Tochter zur Frau geben will, der den furchtbaren Drachen im dunklen Wald besiegen kann. Natürlich ist die Liste der erfolglosen Glücksritter lang, die statt des Glücks den Tod finden. Doch endlich gelingt es einem tapferen Ritter, den Drachen zu töten. Die Prinzessin legt ihr kostbarstes Gewand an, alle warten in großer Freude, den Ritter zu empfangen. Doch dann reitet der Ritter reitet einfach weiter — „er hat seinen Preis ganz vergessen“.

Mit viel Gefühl, aber ohne Pathos, mit starkem Ausdruck, der nicht nur die Stimme, sondern Körpersprache und Mimik mit einschloss, las Josef Schoenen die Werke Rilkes. „Ich lese nur das, was mir selbst Freude bereitet, was mich berührt hat“, sagt Schoenen. Ein Konzept, das aufgeht und das dem Publikum im Café Schwan einen ganz besonderen Rilke-Abend bescherte.