Flüchtlinge können früher einziehen

Das ehemalige Krankenhaus an der Tönisheider Straße soll ab 26. Oktober als Unterkunft dienen.

Foto: Simone Bahrmann

Neviges. Waldschlößchen, Nizzatal, und vor einer Woche Tönisheider Straße — dreimal hintereinander verlor der Nevigeser Turnverein eine Sporthalle, weil es entweder für das Land oder aber für Velbert regulär zugewiesene Flüchtlinge unterzubringen galt. Beim NTV-Vorsitzenden Thomas Stockter steht das Telefon nicht mehr still. „Immer wieder fragen mich Eltern, wie es nach den Herbstferien mit dem Jugend-Handball weitergehen soll“, sagt er. Eine befriedigende Antwort kann er nicht geben. „Während sich die Senioren als Gäste bei VSG und TVD fithalten können, wird das Training für Kinder wohl noch zwei Wochen ausfallen müssen.“

Noch 14 Tage? „Ja, mindestens. Die Stadt hat uns bisher nur mitgeteilt, dass Anfang November das ehemalige Nevigeser Krankenhaus als Unterkunft zur Verfügung steht. Danach könnten wir und der SV Union die Turnhalle an der Tönisheider Straße wieder nutzen“, erklärt Stockter. Doch ob das klappt, sei nicht sicher. Niemand könne abschätzen, wie vielen Menschen die Stadt noch beherbergen müsse. Aktuell werden Velbert Woche für Woche 70 Flüchtlinge zugewiesen. Stockter: „Unsere ganze Aufarbeit droht, umsonst gewesen zu sein.“

Die Zukunftsängste von NTV, Union und auch des ASV Tönisheide teilt die SPD-Ratsfraktion. Deren Vorsitzender Rainer Hübinger setzt das Thema im Bezirksausschuss am 27. Oktober auf die Tagesordnung. „Die Existenz unserer Sportvereine darf nicht durch fehlende Trainingsmöglichkeiten und Abwanderung der Sportler gefährdet werden. Wir vermissen auch die Einbindung der Politik durch den Bürgermeister, bevor eine Halle belegt wird“, sagt Hübinger. Die Verwaltung spekuliere darauf, dass mit der Unterkunft in der alten Klinik der Druck für Neviges genommen sei. Ein Konzept wie die wichtige Arbeit der Vereine zu sichern ist, gebe es nicht.

Zweifel an der pünktlichen Bereitstellung des neuen Flüchtlingsheims an der Tönisheider Straße zerstreut Andreas Sauerwein, Chef des städtischen Immobilienservices. Dort arbeiten Maurer, Installateure und Elektriker derzeit derart mit Hochdruck, dass die ersten Bewohner schon eine Woche früher als geplant einziehen werden. „Ab Montag, 26. Oktober, beginnt die Belegung“, sagt Sauerwein. Bereits am 19. Oktober wird mit dem früheren Baudezernat Am Lindenkamp eine zweite Landesnotunterkunft zur Verfügung gestellt, die schrittweise bis zu 250 Menschen aufnehmen kann. Dort nimmt die Stadt 370 000 Euro fürs Herrichten in die Hand. In Neviges müssen 425 000 Euro aufgebracht werden, damit erst einmal bis zu 200 und später maximal 400 Velbert zugeteilte Flüchtlinge aufgenommen werden können. Beide Einrichtungen werden als Ergebnis der Ausschreibung vom Sozialdienstleister European Homecare betrieben. Das Essener Unternehmen war 2014 wegen Misshandlungen in einer Unterkunft im siegerländischen Burbach in die Schlagzeilen geraten.

Derzeit werde die Trinkwasseranlage der früheren Klinik wieder in Betrieb genommen. Das Ergebnis der hygienischen Wasseranalyse erwartet das städtische Gebäudemanagement für heute. „Aber auch wenn alles optimal weiterläuft, wird es mit der Wiederfreigabe der Halle Tönisheider Straße für den Sport Anfang November total eng“, räumt Andreas Sauerwein ein. Weil der Zustrom nicht abreiße, müsse die Stadt sich die Option offenhalten. Für die Turnhalle gebe es bedingt durch eine Pilgerveranstaltung vor Jahren die notwendige Genehmigung für die Belegung mit bis zu 106 Personen. „Bei der Auswahl steckte kein finsterer Plan dahinter“, sagt Sauerwein.