Hier leben Autos teilweise weiter

An der Dieselstraße sind Regale voller Fahrzeugteile zu finden. Bei der Autoverwertung Schneider gibt’s aber auch Karossen zum Herumschrauben.

Foto: Miko Schümmelfeder

Wülfrath. Ein letzter Blick. Noch ein letztes Mal mit der Hand darüber streichen. Und dann fließen auch schon mal die Tränen. Einer, der das alles kennt, ist Horst Schneider. Seit Jahrzehnten teilt er diesen besonderen Moment mit all denjenigen, die ihr Auto zu ihm bringen. Das wiederum ist dann zwar meistens schrottreif. Aber Geschichten, die man aus der gemeinsamen Zeit mit dem vierrädrigen Wegbegleiter erzählen kann, gibt es genug. Mit der Freundin auf dem Rücksitz gesessen, aus Versehen schon mal Diesel getankt oder diese wunderbaren Urlaubsreisen: Geht es ums Auto, werden nicht nur Männer schwach. „Das geht auch Frauen so“, weiß Horst Schneider.

Horst Schneider, Autoverwerter, erklärt, warum bei ihm nach Unfällen häufig Teile für die Fahrzeugfront gesucht werden

Seit beinahe drei Jahrzehnten geht das nun schon so in seiner Werkstatt, in der sich Autoteile stapeln, soweit das Auge reicht. Rücklichter, Türen, Motoren: Mit seinen Mitarbeitern baut er alles aus dem Gefährt aus, was man anderswo wieder einbauen könnte. Und wer glaubt, Autos seien längst zum Leasing-Vergnügen geworden, an dem — wenn überhaupt — nur noch Experten selbst Hand anlegen, der kann sich bei der Autoverwertung an der Dieselstraße eines Besseren belehren lassen. Denn dort sind nicht nur Autoteile zu finden, sondern auch alte Karossen, an denen man noch selbst herumschrauben darf.

Das ganze Areal wirkt wie aus der Zeit gefallen. Überall stehen ausrangierte Gefährte herum, an denen man sich eine Türe oder einen passenden Kotflügel abschrauben kann. Man muss noch nicht mal passendes Werkzeug mitbringen, das gibt’s beim Chef. Und irgendwie hat all das etwas wunderbar Beruhigendes inmitten einer schnelllebigen Wegwerfgesellschaft. Selbstverständlich muss man nicht mit dem Hang zum Selberschrauben gesegnet sein, um bei der Autoverwertung fündig zu werden. Ein Blick in die Computerliste, ein Griff ins Regal — und meistens gelingt es Horst Schneider, seine Kunden glücklich zu machen.

Vor allem diejenigen, die mit einem Oldtimer unterwegs sind. „Es gibt Autos wie den Käfer oder den alten VW Polo, für die es vom Werk aus keine Teile mehr gibt“, sagt Schneider. Die eigentliche Verwertung folgt übrigens einem festgelegten Ablauf. Sind die Abschiedstränen erstmal getrocknet, wird das Gefährt in die Werkstatt gerollt. „Dann legen wir den Wagen trocken“, erklärt Horst Schneider die Abläufe. Gemeint ist damit, dass Benzin und Öl aus dem Auto müssen.

Dass im Airbag Sprengstoff ist, der natürlich auch raus muss, wissen wohl nur die wenigsten. Danach sind Türen, Heckklappen, Anlasser und Lichtmaschinen dran. Eben all das, was irgendwer noch gebrauchen könnte. Dafür, dass so oft Frontteile gesucht werden, hat Horst Schneider eine einfache Erklärung: „Hinten zahlt die Versicherung und vorne die eigene Tasche.“ Was soviel heißt, wie: Wer auffährt, hat meistens Schuld.

Übrigens: Zweimal im Jahr macht die fahrbare Presse in der Dieselstraße halt. Dort landet dann alles, was wirklich nicht mehr zu gebrauchen ist.