Wülfrath Inklusion: ja oder nein?

Wülfrath. · Elisabeth Seidler bricht eine Lanze für Förderschulen und findet Inklusion nur in Teilen sinnvoll.

Momo (l.) ist Mitglied beim DLRG, aufgrund des persönlichen Einsatzes der Trainer funktioniert das gut. Auch an Surf-Ausflügen nahm er schon teil.

Foto: Elisabeth Seidler/Elisbaeth Seidler

Inklusion – das Thema bietet Stoff für Diskussionen. Die Einen sind dafür, andere dagegen. Elisabeth Seidler ist da diplomatischer. Sie ist selbst Mutter eines 17-jährigen Sohns, der seit Geburt geistige Beeinträchtigungen hat. Moritz – in Familien- und Freundeskreisen „Momo“ genannt – kam mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) zur Welt.

„Momo besuchte einen Integrativen Kindergarten in Wuppertal, mit einer Regel- und einer Integrativgruppe. Das hat hervorragend funktioniert“, erinnert sich die Wülfratherin. Dass hinter Kindergärten aber noch kein Leistungsdruck steht, weiß Elisabeth Seidler ebenfalls. „Zudem ist das Thema Inklusion in Kitas gewachsen. Es gibt genügend Personal, die Räume wurden über Jahre den Bedürfnissen der Inklusion angepasst.“ Bei Schulen sieht die Mutter diese Entwicklungen nicht. Im Gegenteil. „Hier wurde es versäumt, die Inklusion über Jahre hinweg auszubauen. Von der EU gab es die Inklusionsvorgabe, jedes Kind hat das Recht an einer Regelschule angemeldet zu werden, und die Einrichtungen waren noch nicht so weit.“ Sonderpädagogen, aber auch die Räumlichkeiten lassen sich an den meisten Schulen vergeblich finden. Daher entschied sich die Familie nach der Kindergartenzeit sofort für die Schule am Thekbusch in Velbert. 137 Schüler besuchen die Förderschuleinrichtungen. Die Klassen sind klein, der
Betreuungsschlüssel groß.

„Momo beendet derzeit das letzte Jahr der Oberstufe und wird voraussichtlich danach zwei Jahre die Berufspraxisstufe an der Schule besuchen“, schätzt Elisabeth Seidler. Danach, so ist sich die Mutter sicher, ist ihr Sohn auf das Leben gut vorbereitet. Nicht nur Mathe und Deutsch stehen auf dem Lehrplan, sondern alltägliche Basisgrundlagen. Gemeinsames Kochen, Sport, aber auch Besuche in einem Möbelhaus. „Die Schüler lernen, wie sie ihren Alltag alleine meistern können. Sowas kann eine Regelschule nicht leisten.“ Zudem ist sich Elisabeth Seidler sicher, wäre ihr Sohn an einer Regelschule nicht einer unter vielen gewesen. „Es hätte immer den Status von etwas „Besonderem“ gehabt. Das ist auch für seinen Alltag nicht förderlich. An seiner Schule ist er nichts Besonderes.“

Dass letztlich jede Familie selbst entscheiden muss, was für das eigene Kind das Beste ist, gibt Elisabeth Seidler gerne zu. „Schließlich ist auch jedes Kind anders. Man kann nicht pauschal alle Kinder an Förder- oder Regelschulen unterbringen. Kinder mit einer körperlichen Beeinträchtigung sind an Regelschulen beispielsweise gut aufgehoben. Sie können dem Unterricht ganz normal folgen. Man muss jedes Kind individuell betrachten.“ Für die Wülfratherin sollte der Fokus viel mehr auf die Freizeitgestaltung gelegt werden. „Inklusion in Sportvereinen beispielsweise!“ Momo unternimmt nachmittags sehr wenig, weil es in seinem Umkreis nicht genügend Angebote gibt. „Selbst in Fußballvereinen ist der Leistungsdruck spürbar. Da sehe ich dringend Nachholbedarf. Momo ist Mitglied beim DLRG, auf Grund des persönlichen Einsatzes der Trainer funktioniert das gut.“

Die schönsten Erinnerungen seiner Freizeitaktivitäten kann Moritz ebenfalls mit seiner Förderschule verbinden. Jährlich fährt seine Klasse mehrere Tage nach Holland. Es gab bereits Ski- und Surf-Ausflüge und tolle Tagestouren. „Auch solche Touren gibt es an Regelschulen seltener. Für Moritz sind diese Ausflüge aber stets etwas ganz
Besonderes.“