Interview mit Klaus H. Jann (DLW) - „Die Wülfrather Highlights müssen vermarktet werden“

Klaus H. Jann (DLW) appelliert an das Wir-Gefühl. Das Ruder müsse herumgerissen werden, sonst manövriere sich die Stadt selbst in die Unselbstständigkeit.

Wülfrath. "Hunderte von Mutmachern und eine funktionierende Verwaltung" - das wünscht sich der DLW-Fraktionsvorsitzende Klaus H. Jann im "WZ-Sommergespräch", in dem er den Zustand Wülfraths beklagt. Der Standort mit seinen Vorteilen werde schlecht vermarktet. Zur Halbzeit der Legislaturperiode kritisiert er Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff: "Sie mauert sich leider ein." Sie als alter Wülfrather, wie sehen Sie zurzeit die Stadt?Jann: Ich kann eine Enttäuschung nicht verhehlen. Ganz ehrlich: An so eine schlechte Situation kann ich mich nicht erinnern. Jeder in der Stadt spürt, dass es mit Wülfrath abwärts geht. Wir müssen das Ruder herumreißen, die Stimmung ändern. Jede Initiative, die da etwas bewirken kann, unterstützen wir. Wir brauchen mehr Identifikation mit unserer Stadt, ein neues Wir-Gefühl. Die Dauerdiskussion ums Sparen ist aber auch nicht stimmungsfördernd. Doch es muss gespart werden. Wo?Jann: Niemand bestreitet, dass über alle Posten gesprochen werden muss. Aber allein kommen wir aus der Notsituation nicht raus, da können wir noch so viel sparen. Wir zerschlagen unsere Infrastruktur und bleiben pleite. Die von vielen geforderte Gemeindefinanzreform steht aus. In NRW haben sich Nothaushaltsgemeinden zusammengetan, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Wülfrath gehört nicht dazu. Diesen Antrag werden wir stellen. Hat die Stadtverwaltung zuviel Personal?Jann: Das kann man nicht so einfach sagen. Ich denke, dass in der Vergangenheit am falschen Ende gespart wurde. Der Bauhofbesatz wurde fast halbiert, das Bürgermeisterbüro aber aufgebläht. Das passt nicht. Sie sind regelmäßiger Gast im Rathaus. Wie beurteilen Sie die Stimmung dort?Jann: Die Motivation hat in den letzten Jahren gelitten. Das hört man in jedem Gespräch. Daran ist die Bürgermeisterin als Leiterin der Verwaltung nicht unbeteiligt. Insgesamt gilt: Die Bürgermeisterin mauert sich leider ein. Ihr Hauptproblem: Sie sagt den Leuten nicht, was sie denkt, was sie will. Welche Positionen hat sie überhaupt? Wo wir schon bei der Rathausführung sind: Nach den Sommerferien muss der Rat über die Zukunft der Beigeordneten entscheiden. Kann Wülfraths Rathaus auf die Wahlbeamten verzichten?Jann: Wir stehen hier vor einer gefährlichen Situation. Wülfrath wirkt etwas führungslos, was uns fast schon in die Unselbstständigkeit manövriert. Wir brauchen die Kompetenz von Beigeordneten. Ja, das glauben wir inzwischen. Dafür will der Landrat als Aufsichtsbehörde aber ein Personalkonzept sehen?Jann: Aber klar. Das muss die Verwaltungsspitze schon vorlegen. Für uns gilt aber, dass wir mindestens einen Beigeordneten brauchen.

"Wir brauchen hunderte Mutmacher - aber auch eine funktionierende Verwaltung."

Wie wollen Sie die Bürger an einem Stimmungswechsel beteiligen?Jann: Die Leute müssen zu ihrer Stadt stehen. Das fängt im Kleinen an. Viele Leute können beispielsweise was für die Sauberkeit tun. Privat- und Geschäftsleute. Wir planen einen Wü-Be-Ta - einen Besentag. Jeder soll vor seiner Haustür kehren. Jeder Wülfrather kann seinen Beitrag leisten. Wir brauchen hunderte Mutmacher - aber auch eine funktionierende Verwaltung. Wie kann Wülfrath wieder besser in der Außenwirkung dastehen?Jann: Zeittunnel, der Rundweg um den Steinbruch, das Spektakel, das Heimatmuseum, die Altstadt: Wülfrath hat viele Highlights. Sie müssen nur vermarktet werden. Wülfrath braucht Stadtmarketing! Wie bitte? Die DLW ist für eine Stadtmarketing-Gesellschaft?Jann: Nicht missverstehen: Nicht ein Konstrukt wie die in der Auflösung befindliche Gesellschaft. Aber so ein Instrument ist schon wichtig. Also könnte die DLW die SPD unterstützen, die den "Mantel" Stadtmarketing-Gesellschaft erhalten, aber mit neuem Inhalt füllen will?Jann (zögerlich): Eigentlich ja. Zum Abschluss ein Vorschlag zur Attraktivierung der Stadt:Jann: Etwas, das Wülfraths gute Seiten noch besser macht: Die verwucherte Bahntrasse zwischen Zeittunnel und Innenstadt könnte als Rad- und Fußweg genutzt werden. Das schützt die Trasse - und bindet die Innenstadt an eine Attraktion an. Ich bin sicher, beim Freischneiden sind viele Wülfrather dabei.