Jugendschutz — na und?
Zwei 15-Jährige bekamen bei zwölf von 18 Versuchen in Wülfrather Geschäften Alkohol oder Zigaretten.
Wülfrath. Testkäufe belegen das, was Jugendschützer befürchtet haben: Es ist für Jugendliche ein Leichtes, Alkohol zu erwerben. In 66 Prozent aller Versuche haben die Testkäuferinnen des Jugendamtes die Ware erhalten, die sie wollten: Alkohol oder Zigaretten. In der kommenden Woche befasst sich der Ausschuss für Umwelt und Ordnung mit dem Thema.
„Wir waren nicht erstaunt“, sagt Ordnungsamtsleiter Reinhard Schneider auf WZ-Anfrage. Durch Erfahrungen aus anderen Städten wie zuletzt in Hilden habe man auch in Wülfrath erwartet, dass Minderjährigen oftmals Alkohol- und Tabakkäufe gelingen.
In Wülfrath haben sich zwei Mädchen im Alter von 15 Jahren im Auftrag des Ordnungsamts auf den Weg gemacht. Sechs Kioske und Getränkemärkte, drei Tankstellen, zwei Zeitschriften- und Tabakläden und sieben Groß- oder Einzelhandelsgeschäfte suchten sie auf. In zwölf von 18 Fällen wurden ihnen Zigaretten oder alkoholische Getränke verkauft.
Die so Überführten haben laut Schneider sehr unterschiedlich reagiert. Einige seien wirklich betroffen gewesen, andere nicht. Während bei einigen der Verstoß gegen die Bestimmungen in der Hektik des Geschäfts durchgegangen ist, „muss man bei anderen ganz ehrlich feststellen: Einige pfeifen auf den Jugendschutz“, so Reinhard Schneider.
In einem Fall hat das Ordnungsamt eine Verwarnung ausgesprochen. „In allen anderen läuft an diesem Wochenende erst die Anhörungsfrist ab“, sagt Schneider. Erst dann könne entschieden werden, welche weiteren Konsequenzen es geben wird. Es drohen Bußgelder von 50 bis 200 Euro. Schneider kündigt an, dass die Stadt derartige Testkäufe wiederholen werde.
Bei den Testkäufen wurde übrigens auch festgestellt, dass in einigen Lokalitäten der vorgeschriebene Aushang zu den Jugendschutzbestimmungen fehlte.
Thomas Rasch, Bereichsleiter bei der Caritas und unter anderem für die Suchtberatung in Wülfrath und Mettmann verantwortlich, ist „kein bisschen überrascht“ über die Ergebnisse des Einkaufs der beiden 15-Jährigen. „Das ist völlig normal. Leider“, sagt er auf Nachfrage der WZ. Solche Test-Einkäufe, wie Wülfrath sie hat durchführen lassen, „sind in Ordnung. Vielleicht übt das ein bisschen Druck aus“. Genaue Zahlen, wie weit Alkoholmissbrauch zum Beispiel unter Wülfraths Jugend verbreitet ist, gibt es laut Rasch nicht. Die Tatsache aber, dass sowohl Eltern als auch Behörden immer mehr Jugendliche zur Suchtberatung schicken, sei ein Signal — „nicht nur für steigenden Alkoholkonsum, sondern vor allem auch dafür, dass sich im Bewusstsein etwas ändert, dass das Thema nicht verschwiegen wird. Das ist gut.“
Der Ausschuss tagt am Dienstag, 31. Mai, ab 17 Uhr im großen Saal des Rathauses. Dann will die Stadt auch über eingeleitete Bußgeldverfahren berichten. Außerdem stehen folgende Themen auf der Tagesordnung: Parkraumbewirtschaftung und Bauschuttgebühr Abfallannahmestelle Hammerstein.