„Marhaba, in der Bibliothek!“
Velberts Büchereien haben sich mit speziellen Angeboten auf Flüchtlinge eingestellt. Für sie ist die Nutzung drei Monate kostenlos.
Velbert. Lern-Ecke, freies W-Lan, pädagogische Aktionen — die Büchereien in Neviges, Velbert-Mitte und Langenberg sind im Laufe der vergangenen Monate zu einer wichtigen Anlaufstelle für Flüchtlinge geworden. „Wir tasten uns langsam an das Thema heran“, sagt Stadtbücherei-Leiterin Ulrike Motte. Dazu gehörte erst einmal ein Sprachkurs — und zwar für die Angestellten der Bücherei. Mit aufgefrischten Englisch-Kenntnissen lässt es sich eben international leichter verständigen.
Volljährige Asylbewerber, die neu in Velbert sind, erhalten für drei Monate einen kostenlosen Büchereiausweis. Danach müssen sie pro Jahr neun Euro zahlen. Ulrike Motte findet den Preis fair. „Es gibt auch Hartz-IV-Empfänger, die nicht so viel Geld haben und auch diesen ermäßigten Satz bezahlen“, so die Bücherei-Leiterin.
Besonders die freie PC- und Internetnutzung — mit der Möglichkeit, Unterlagen auszudrucken — lockt verschiedene Nationalitäten in die Büchereien. Doch auch Flüchtlingsfamilien, die sich Medien ausleihen, oder Ehrenamtler, die mit Flüchtlingen zusammen Deutsch lernen, sieht Motte immer häufiger zwischen den Bücher-Reihen.
Ein Regal in jeder Bibliothek ist Flüchtlingen gewidmet. Das Motto: „Willkommen in Velbert“. Dort findet sich diverse Literatur, die den Ankömmlingen Sprache und Kultur ihrer neuen Heimat näherbringt. „Das Regal ist aber auch durchaus für alle interessant“, sagt Motte und zeigt auf ein Quiz, bei dem die Spieler testen können, ob sie den deutschen Einbürgerungstest bestehen würden. „In unseren Kinderbibliotheken stehen zudem zahlreichen Bildwörterbücher oder Bilderbücher ohne Text zur Verfügung“, berichtet Motte.
Ab heute gibt es noch einen ganzen Schwung neuer Medien für Kinder, die neu in Deutschland sind. Die Bibliothek hatte sich bei der „Stiftung Lesen“ um sogenannte Vorleseboxen beworben und direkt zwei Exemplare gesponsert bekommen. In ihnen stecken insgesamt 56 Medien im Gesamtwert von 1400 Euro, von denen einige auch nach Neviges gehen.
Auch pädagogisch griff die Bibliothek das Thema Flucht auf. Um Kita-Kindern eine altersgerechte Annäherung zu geben, wurde das Buch „Zuhause kann überall sein“ gelesen und anschließend gemeinsam gebastelt. In Velbert-Mitte entstand so eine Wörterdecke, auf die verschiedene Begriffe der deutschen Sprache mit passenden Zeichnungen der Kinder aufgebügelt wurden. Nevigeser Kinder bastelten einen Wörter-Regenschirm.
Mehr als 100 Kinder mit und ohne Fluchterfahrung beteiligten sich an dem Projekt und sammelten Wörter, die für die einen fremd und die anderen schon bekannt waren. Die Enthüllung der Wörterdecke in Velbert-Mitte übernahmen gestern Ivo Simic, Vorsitzender des Integrationsrats, und der Vize-Bürgermeister Emil Weise.
Beim gemeinsamen Singen lernten die Kinder schließlich auch, wie man in verschiedenen Sprachen grüßt. So heißt es dann vielleicht demnächst im Kindergarten nicht nur „Hallo“, sondern auch „Marhaba“ (arabisch), Miredita (albanisch) oder „Privet“ (russisch).