Neviges Nazis kauften „Paradies im Bergischen“
Neviges. · Geschichtsverein informierte über die Entwicklung der Bleibergquelle vom Bergbau bis zur Bildungsstätte.
Groß war das Interesse an den Vortrag „Bergbau – Kurhaus – Erholungsheim – Diakonie und Bildungszentrum“, der sich mit der Vergangenheit der Bleibergquelle beschäftigte. Jürgen Lohberg hatte für den Bergischen Geschichtsverein, Abteilung Velbert-Hardenberg, die Historie zusammengefasst.
Der Bleiberg wurde 1491 erstmals urkundlich erwähnt, als Margreth von Bernsau zu Disternich ihrer Tochter eine Leibrente von 32 Talern verschrieb, „zu bezahlen aus ihren Renten von dem Bleiberg in der Herrlichkeit Hardenberg.“ Die erste Phase des Bergbaus endete 1772, als nach einem heftigen Gewitterregen die Grube volllief.
Der Industriepionier Friedrich Harkort nahm 1847 mit dem „Bergischen Gruben- und Hüttenverein“ den Bergbau wieder auf. Die Grube wurde 1852 „Emanuel“ genannt, sechs Jahr später wurde daraus „Prinz Wilhelm“. Im Jahr 1861 wurden von 91 Mitarbeitern 3920 Zentner Bleierze, 4780 Zentner Zinkblende und 3727 Zentner Kupfererze gefördert, die teilweise direkt am Bleiberg verhüttet wurden.
Nächtliches Gewitter ließ im Jahr 1899 den Tiefbauschaft absaufen
Im Gegensatz zum ausgehenden Mittelalter hatte man im 19. Jahrhundert einen 292 Tiefbauschaft mit einem kleinem Förderturm angelegt, für den gleich zwei Dampfmaschinen zur Förderung und zur Wasserhaltung im Betrieb waren. 1899 soff nach einen nächtlichen Gewitterregen der Tiefbauschaft ab. „Alles Abpumpen, oder Sümpfen, wie der Bergmann sagt, blieb erfolglos“, hat Jürgen Lohberg in Archiven festgestellt. Ein Jahr später wird „Prinz Wilhelm“ endgültig aufgegeben, das Gelände verkommt zur Brache, alle Gebäude bis auf eins brannten ab.
1924 erwarb der pensionierte Gemeindebaumeister Heinrich Wassermann aus Kupferdreh das Gelände und eröffnete 1927 das „Kurhaus Bleibergquelle in Richrath-Neviges“. Das war kein Sanatorium, wo Ärzte Anwendungen verschrieben, sondenr ein Naherholungsort, der in blumigen Worten angepriesen wurde. Das „Paradies des bergischen Landes“ verfügte über ein großes Mühlenrad an der Mühlenschenke, einen Wasserspeier, Springbrunnen, rauschende Wasserfälle und Gondelteiche. Es wurde ein angenehmer Familienaufenthalt am Wochenende mit 1a Verpflegung versprochen.
Neben Baracken wurde auch ein Luftschutzstollen eingerichtet
1940 war es mit diesen paradiesischen Zuständen vorbei, das Gelände wurde an die Deutsche Arbeitsfront verkauft. Nach der Zerschlagung der Freien Gewerkschaften 1933 gründeten die Nationalsozialisten diesen Einheitsverband der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Bleibergquelle wurde zum DAF-Erholungsheim. „Nachweislich wurden im Musikraum zwölf Zweibett-Zimmer zur Unterbringung von 24 Rüstungsarbeitern zur Erholung eingebaut“, hat Jürgen Lohberg herausgefunden. Neben Baracken wurden ein Luftschutzstollen eingerichtet, den die Besucher erkunden jetzt erkunden konnten. „Ein ganz einfacher Stollen, 107 Meter lang, ohne Belüftung.“
Es gibt zahlreiche unbestätigte Geschichten, so sei der DAF-Leiter Robert Ley oft da gewesen, wenige Wochen vor Kriegsende soll es zum einem Gauleitertreffen gekommen sein. Nach der Kapitulation der Deutschen wurden in den Baracken ehemalige Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene untergebracht, bis die britischen Militärregierung am 1. November 1945 das Areal den Diakonissen aus Vandsburg in Westpreußen zusprach.
Deren im Jahr 1900 gegründetes Mutterhaus fiel nach dem Ersten Weltkrieg an Polen, in Elbingerode im Harz wurde „Neuvandsburg“ gegründet, das 1945 in der sowjetischen Zone lag. Das Mutterhaus an der Bleibergquelle hieß deshalb zunächst „Neuvandsburg-West.“ Nach dem Fall der deutschen Mauer wurde daraus offiziell die Bleibergquelle, die heute neben dem Mutterhaus ein Berufskolleg, eine Schule der Sekundarstufe II und Fachschulen für Sozialpädagogik mit Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitswesen beherbergt.