Integrationsarbeit am Limit in Mettmann Politik fordert Konzept für Flüchtlinge

Mettmann · Der Haupt- und Finanzausschuss hat sich gegen eine Erhöhung der Personalkostenübernahme von Caritas und Diakonie in der Flüchtlingsberatung ausgesprochen. Stattdessen soll die Verwaltung im Herbst eine konkrete Leistungsbeschreibung einbringen. Denn die Herausforderungen haben sich verändert.

Die Flüchtlingsunterkunft an der Seibelstraße – ohne die Unterstützung von Caritas und Diakonie müssten viele der Menschen länger hier bleiben, als nötig, weil sie keine eigene Wohnung finden.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Bereits im Februar hatten Caritas und Diakonie bei der Stadt Mettmann einen Antrag auf Erhöhung der Personalkostenübernahme um 25 Prozent für die Flüchtlingsberatung im Nachtragshaushalt gestellt. Denn die bisherigen Mittel reichen nicht mehr aus, so das Argument der beiden Träger. Seit 2015 teilen sich Caritas und Diakonie die Aufgabe der Flüchtlingsberatung in der Stadt. Die Diakonie ist mit einer 30-Stunden-Stelle dabei, die Caritas mit einer 39-Stunden-Stelle. Für das Jahr 2023, erinnern die Antragssteller in ihrem gemeinsamen Schreiben, habe es „eine befristete Erhöhung des Zuschusses der Stadt Mettmann für ein Jahr“ gegeben.

Moritz Klees (Diakonie) und Martin Sahler (Caritas) argumentieren, dass neben der „weiter steigenden Zahl von Neuzuweisungen (in den vergangenen sechs Monaten mehr als 200 Personen)“, auch die Beratungsbedarfe komplexer würden. „Dies hängt unter anderem daran, dass die Unterbringung deutlich verdichtet werden musste und damit Konflikte in den Unterkünften zunehmen.“ Darüber hinaus sei ein „großer Teil der Geflüchteten traumatisiert“, sodass mit ihnen „Traumata bearbeitet bzw. Therapiemöglichkeiten eruiert werden müssen“.

Flüchtlingsberatung vermittelt privaten Wohnraum

Schließlich kümmere sich die Flüchtlingsberatung auch um die erfolgreiche Integration, indem sie Schüler intensiv begleitet oder aber auch, durch das Wohnungsmanagement der Caritas eine „deutliche Zahl an Geflüchteten erfolgreich und dauerhaft“ in privaten Wohnraum vermittelt, sodass die Organisation auch Unterkunftskapazitäten schafft. Im vergangenen Jahr konnten so etwa 60 Personen in privaten Wohnraum vermittelt werden, was zur Folge hat, dass die ohnehin spärlichen Plätze in Flüchtlingsunterkünften der Stadt nicht dauerhaft von Menschen mit einem Aufenthaltstitel blockiert werden. Das ist in vielen anderen Städten mit mangelndem Wohnraum ein großes Problem. Die derzeitige Wochenstundenanzahl der Träger reiche nicht mehr aus, um dem stetig wachsenden Beratungsbedarf zu decken, sodass Caritas und Diakonie „eine unbefristete Erhöhung der Zuschüsse zu den Personalkosten für die fachliche Beratung und Begleitung der Flüchtlingsberatung um 25 Prozent“ beantragen.

Im Haupt- und Finanzausschuss wurde der Antrag nun diskutiert. Konkret geht es bei der Erhöhung um gut 30 000 Euro, die die Stadt künftig zusätzlich und jährlich beisteuern soll. Vor dem Hintergrund einer angespannten Haushaltslage und einem Defizit von fast 17 Millionen Euro in diesem Jahr taten sich offenkundig viele Ausschussmitglieder schwer, den Zuschuss dauerhaft zu erhöhen. Florian Peters (SPD) äußerte, dass er dem Antrag so nicht zustimmen könne. Ihm fehle ein Gesamtkonzept der Flüchtlingsberatung für eine positive Entscheidung.

Seines Erachtens hätte sich die Flüchtlingssituation verändert, sodass auch die Anforderungen andere seien. Ein Standardverfahren müsse her, mit veränderten Prioritäten. Vielleicht könnten einzelne Aufgaben, wie etwa die Traumabewältigung, von anderen Stellen (möglicherweise im Kreis) übernommen werden. In der Stadt selbst müsse sich darum gekümmert werden, dass jene mit Bleibeperspektive vernünftig integriert würden, befand Peters. „Mittlerweile werden vermehrt Flüchtlinge mit einer dauerhaften Bleibeperspektive den Kommunen zugeordnet. Hier ist es wichtig, sie bei der Integration in den Arbeits- und Wohnungsmarkt zu unterstützen.“

Um die an sich wertvolle Arbeit von Diakonie und Caritas in der Flüchtlingsberatung jetzt nicht plötzlich und gänzlich hängenzulassen, versuchte es Nils Lessing (Grüne) mit einem Kompromiss: „Ich würde vorschlagen, wir gewähren für dieses Jahr nochmal die Erhöhung des Zuschusses, sollten in der Zeit aber wirklich prüfen.“ Bürgermeisterin Sandra Pietschmann versprach angesichts eines fehlenden Standards im Herbst eine Leistungsbeschreibung für die von Caritas und Diakonie erbrachte Dienstleistung einzubringen.