Wülfrath Ritsche: „Ein Bürgermeister für alle“
Wülfrath · Bei der konstituierenden Ratssitzung werden Rainer Ritsche und die Gremiumsmitglieder vereidigt – aber es gibt auch eine Kampfabstimmung.
. „Denken wir nicht nur in Parteiprogrammen, sondern schauen wir über die Grenzen und versuchen wir zusammen, die Zukunft möglichst positiv und nachhaltig zu gestalten. Verfolgen wir eine Politik für das Wohl unserer Stadt, für unsere Bürgerinnen und Bürger.“ Gerd Langner (FDP) hat 73-jährig – zwei Tage vor seinem 74. Geburtstag – als ältestes Ratsmitglied die Ehre, die konstituierende Sitzung des Stadtrats im Paul-Ludowigs-Haus zu eröffnen. Als „Altersvorsitzender und Neuling“ im Rat nutzte er die Gelegenheit, dem Gremium einige Gedanken mit auf den Weg zu geben. „Das Ringen um die besten Lösungsansätze wird viele Diskussionen notwendig machen und auch Streit wird sich manchmal nicht vermeiden lassen. Dabei sollten wir uns immer auf die Inhalte fokussieren, mit Kritik sachlich umgehen und persönliche Anfeindungen vermeiden. Dann ist auch die Freude über gemeinsam erarbeitete Erfolge größer“, betont Gerd Langner. Vor allem müsse der Vertrauensvorschuss der Wähler gerechtfertigt werden, das sei das oberste Gebot. Es folgt die Amtseinführung von Bürgermeister Rainer Ritsche, dem er die Bürgermeisterkette um den Hals legt. Ein kleiner Fauxpas dabei: Gerd Langner will dem neuen Bürgermeister zur Gratulation die Hand reichen, zieht sie aber schnell wieder zurück.
Dezernentin Michaele Berster Vertreterin des Bürgermeisters
Rainer Ritsche dankt seinen Wählerinnen und Wählern für den Vertrauensbeweis und wünscht sich einen fairen Umgang im Stadtrat. Er betont in seiner Antrittsrede auch, dass er als unabhängiger Kandidat „Bürgermeister für alle“ sein wird. Dies gelte auch für alle im Stadtrat vertretenen Fraktionen. Er hofft darauf, dass das Verhältnis zueinander so bleibt, wie es vorher in den Jahren war, als er als Kämmerer und Erster Beigeordneter seinen Dienst getan hat. Rainer Ritsche versichert, es gehe ihm „um gute Vorschläge, egal von welcher Fraktion sie kommen“ – oder aus der Bürgerschaft.
„Die Inhalte der Wahlprogramme sind gar nicht so unterschiedlich“, sagt Rainer Ritsche mit Blick auf die von ihm erhoffte gute Zusammenarbeit im Gremium. Als Zukunftsthemen nennt er unter anderem die Bewältigung der Corona-Pandemie, die Durchführung einer Perspektivenwerkstatt „Neue Mitte“, die Bekämpfung des Leerstandes in der Innenstadt, die Digitalisierung, die Nahversorgung in der Ellenbeek und das Ziel von mindestens 22 000 Einwohnern.
Gewählt werden auch die beiden stellvertretenden Bürgermeister. In geheimer Wahl werden Andreas Seidler (CDU) als erster stellvertretender Bürgermeister und Wolfgang Preuß (SPD) als zweiter stellvertretender Bürgermeister mit dem Traumergebnis 100 Prozent gewählt. Rainer Ritsche gratuliert den „seit Jahren bewährten“ Stellvertretern. Andreas Seidler versichert dem neuen Bürgermeister, sich auf ihn verlassen zu können. „Wir hatten als Bürgermeisterkandidaten einen fairen Wahlkampf. Unser gutes Verhältnis hat sich nicht geändert.“
Weitere wichtige Entscheidungen stehen auf der Agenda. Solange die Verwaltung keinen neuen Ersten Beigeordneten gefunden hat, wird Dezernentin Michaele Berster allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters sein. Sollten Rainer Ritsche und sie verhindert sein, wird der Technische Dezernent, Stefan Holl, in die Bresche springen. Beide werden für diese Aufgaben einstimmig bestellt.
Dass der neue Stadtrat nicht immer friedlichen Umgang miteinander pflegen könnte, wird bei einem Antrag der Bündnisgrünen deutlich. Sie melden bei der Ausschreibung der Stelle des Ersten Beigeordneten Beratungsbedarf an und wollen diesen Punkt von der Tagesordnung nehmen. Während der CDU-Fraktionsvorsitzende Axel Effert von „guten Gründen“ spricht und die Unterstützung der CDU zusagt, warnt Manfred Hoffmann, Fraktionsvorsitzender der SPD, davor, in dieser Sache zu zögern: „Die kleine Stadt hat es schwer, Kandidaten zu finden. Einige Kommunen suchen aktuell einen Kämmerer. Das Verfahren dauert mindestens sechs Monate. Uns läuft die Zeit davon.“ Das Ergebnis ist eine Kampfabstimmung mit überraschendem Ausgang. 21 Ja-Stimmen von der CDU und Grünen, 21 Nein-Stimmen von den restlichen Ratsmitgliedern – und zwei Enthaltungen ausgerechnet von grünen Ratsmitgliedern. „Der Antrag ist bei Stimmengleichheit abgelehnt“, konstatiert der Fraktionsvorsitzende der Wülfrather Gruppe, Wolfgang Peetz. „Ich appelliere an Sie, nicht so zu beginnen. Seit zehn Jahren ist es Usus, bei Beratungsbedarf zu verschieben. Diese Kampfabstimmung ist sehr unglücklich“, sagt Rainer Ritsche. Am Ende hat er seine Feuertaufe bestanden. Bei der Diskussion des Tagesordnungspunktes wird die Verschiebung auf die Ratssitzung am 15. Dezember abgesegnet.