Ratingen: 350 Stunden Filigranarbeit

Nach der Kirche St. Peter und Paul hat Bruno Schleuter jetzt Haus Cromford nachgebaut – aus 10000 Streichhölzern.

Ratingen. Man nehme rund 10 000 Streichhölzer, dazu etwa 1400 Stöcke von abgebrannten Silvesterraketen, einen halben Liter Bastelleim, eine Pinzette, einen Mini-Seitenschneider - und ein Ehefrau, die sich das Geduldsspiel ihres Gatten mitansieht . . . und fertig ist das originalgetreue Modell von Haus Cromford.

"Was soll’s? Er ist doch gut beschäftigt", schmunzelt Waltrud Schleuter (72), während sie ihrem Mann Bruno (70) über die Schultern blickt. Etwa 350 Stunden hat der ehemalige Banker gebraucht, um sein neuestes Schmuckstück entstehen zu lassen.

Im Maßstab 1:50 steht das prachtvolle Cromforder Herrenhaus nun mitten im Wohnzimmer der Schleuters. Allerdings bleibt es nicht lange dort, denn schon in den nächsten Tagen geht es zunächst ins Stadtmuseum, bevor es in ein paar Wochen seinen endgültigen Platz findet - und zwar im Original an der Cromforder Allee. "Als Dauerleihgabe für den Förderverein", erklärt Bruno Schleuter. "Schließlich sollen alle etwas davon haben."

Schon als der 70-Jährige mit dem Faible für Filigrane vor anderthalb Jahren die Pfarrkirche St. Peter und Paul nachbaute, war klar, dass das Modell nicht daheim im Wohnzimmer bleiben würde. "Es hat jetzt einen Ehrenplatz in St. Peter und Paul", sagt Bruno Schleuter. "Ich habe es Pfarrer Benedikt Bünnagel und der Gemeinde vermacht."

Seit seiner Kindheit ist Bruno Schleuter der Welt im Mini-Format verfallen. "1949 hab ich meine erste Modelleisenbahn bekommen - vom Christkind", erinnert er sich. "Dieses Virus hat mich dann nicht mehr losgelassen." Logisch, dass Bruno Schleuter auch heute noch eine Modelleisenbahn hat. "Das mit den Streichhölzern kam dagegen eher spontan. Ich glaube, ich habe so etwas Ähnliches mal im Fernsehen gesehen."

Vor dem Baubeginn steht aber erst die Recherche. So hat sich Schleuter im Stadtarchiv die Baupläne des Herrenhauses besorgt und vor Ort unzählige Fotos geschossen. Schließlich sollte das Modell dem Original in nichts nachstehen. Und Lesen war angesagt. Der Bastler wälzte zigfach heimatgeschichtliche Bücher, um sich mit der Historie von Haus Cromford vertraut zu machen. Das Resultat: Sogar an die Rampe für Behinderte auf der Rückseite hat er gedacht.

Besonders kniffelig wurde es bei den geschwungenen Handläufen der Treppengeländer. "Ich hab’ da Trick 17 angewendet", plaudert Schleuter im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Nähkästchen. "Des Rätsels Lösung waren Wollfäden. Ich hab sie in Leim getränkt und damit stabiler gemacht. Auf diese Weise ließen sie sich wunderbar formen."

Dank seines Hobbys bekommt auch der Neujahrstag für Familie Schleuter eine ganz neue Bedeutung. Am 1. Januar marschiert Bruno mit den drei Jack-Russell-Terriern von Sohnemann Carsten durch die Straßen und sammelt die Stöcke von abgebrannten Silvesterraketen ein. Denn die dienen als Grundgerüst für den späteren Bau.

Angst, dass ihm mal das Baumaterial ausgeht, muss der Bastler übrigens nicht haben. Nach der Fertigstellung von Peter und Paul waren viele Ratinger so begeistert, dass sie ihn mit Streichholzspenden überhäuften. "Das war schon lustig", sagt Schleuter. "Da machst du morgens die Haustür auf, und vor dir liegt eine Tüte randvoll mit Streichhölzern - wofür ich mich jetzt noch einmal ganz herzlich bedanken möchte."