Ratingen: Das Herz von Heiner van Schwamen schlägt für West

„Mister West“ hat die Westhäkchen, die Zeltzeit und Infra-West aus der Taufe gehoben: Ein Idealist, der seine Visionen umsetzt.

Ratingen. Sein Lieblingsort in Ratingen? Heiner van Schwamen überlegt nur kurz: "Der Innenhof des Bonhoeffer-Gymnasiums." Eine für van Schwamen typische Wahl. Kaum einer ist so sehr mit dem Stadtteil West verbunden wie der 57-jährige Lehrer am "Bonni".

Wobei viele ihn weniger als Lehrer kennen, sondern vielmehr als Tausendsassa, der die Kabarettgruppe "Westhäkchen" aus der Taufe gehoben, das Kulturfestival "Zeltzeit" auf den Weg gebracht und mit dem Stadtteilkulturprojekt "InfraWest" bleibende Spuren hinterlassen hat.

Geboren und aufgewachsen in Kleve am beschaulichen Niederrhein war es für Heiner van Schwamen ein Kulturschock, als er 1978 als Lehrer am gerade errichteten Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium im ebenfalls noch ganz jungen Stadtteil West seinen Dienst antrat: "Ich wurde aus der heilen Welt in diese Betonlandschaft hineingeworfen."

Kahle Waschbetonwände umgaben auch den Innenhof im Bonhoeffer-Gymnasium. Idealistisch, wie man damals war, ergriff van Schwamen die Initiative, setzte sich mit Schülern und dem Hausmeister zusammen und plante: Das Ergebnis ist ein grünes Idyll, das die Betonwände vergessen macht: In der Mitte des Innenhofes ragen drei prächtige Trompetenbäume auf, deren orchideenartige Blüten einen betörenden Duft verströmen. I

n einer Ecke plätschert ein kleiner Wasserfall, der aus einem Teich gespeist wird. Rhododendren, Farne, Wilder Wein, der sich die Wände emporrankt, sorgen für viel Grün, Sitzbänke und Skulpturen aus dem Kunstunterricht werten den Raum zusätzlich auf.

"Hier kann man wunderbar abschalten", weiß van Schwamen. Außerdem werde der Innenhof jetzt regelmäßig für Schul- und Klassenfeste genutzt. Und auch die Schüler scheinen zu wissen, welches Kleinod sie mitten in ihrer Schule haben: Vandalismus und Schmierereien sucht man vergeblich.

Was van Schwamen mit dem Innenhof im Kleinen geschafft hat, wollte er auch im Großen: "Es gab hier ja nichts außer dem ASC und den Kirchen", blickt er auf die kulturelle Situation Ende der 70er-Jahre zurück. Seine Idee, die Schule zu öffnen, wurde ein Jahrzehnt später vom Land NRW offiziell postuliert.

"Da waren wir schon viel weiter." Das damals entstandene Buch "Beton & Poesie" sorgte sogar im Kulturministerium für Aufsehen - und Fördermittel. "Wir durften das Projekt ausbauen." Die Kooperation zwischen Schule, Stadt und Sponsoren nannte sich dann "Infra-West", und als 1994 die Förderung eingestellt wurde, sprang die LEG ein. Zu wichtig und wirkungsvoll war die (Kultur-)Arbeit, die für den Stadtteil West geleistet wurde.

Eher zufällig wurde Ende der 80er-Jahre auch die Kabaretttradition in West geboren. Aus einer schulischen Arbeitsgemeinschaft gingen erst die "Stichlinge", danach die "Westhäkchen" hervor. Ab 1994 gab es regelmäßig Auftritte - vor allem im Freizeithaus am Berliner Platz. Dorthin wurden auch viele Show- und Kabarettgrößen eingeladen: Dieter Nuhr, Herbert Knebel, Götz Alsmann, Ingo Appelt, Michael Mittermaier, die auch von den Schülern betreut wurden.

"Irgendwann kam die Idee auf, im Stadtteil etwas Größeres zu veranstalten." Zusammen mit Bruno Schmitz (Kulturbüro Niederrhein) und Thomas Köller (gaby Kösters Mann) habe man "rumgesponnen". "Plötzlich stand die Frage im Raum: "Warum nicht in einem Zelt?". Das war die Geburtsstunde der Zeltzeit. Auch hier wurde der Grundgedanke, Schüler und lokale Kultur fest mit einzubinden, nie aufgegeben.

Das sei auch das Schöne an Ratingen: "Man ist einerseits konservativ und traditionsbewusst, andererseits aber auch weltoffen und aufgeschlossen. Das macht den Charme dieser Stadt aus."