Ratingen: Die Magie der Stimmen
Beim Höhepunkt des "Voices"-Festivals begeisterten drei Topensembles im restlos ausverkauften Stadttheater.
Ratingen. Highlights gab es beim ersten Ratinger "Voices"-Festival ja bereits zur Genüge, aber dennoch muss man die Vocal Night am Freitagabend noch einmal als ganz besonderen Höhepunkt hervorheben. Die musikalische Gala mit Spitzenbesetzung sorgte nicht nur im Handumdrehen für ein volles Haus im Stadttheater, sondern riss das Publikum tatsächlich laufend zu wahren Begeisterungsstürmen hin.
Eine Reise durch die Welt des Bossa Nova versprachen Peter Fessler und Alfonso Garrido, eine ebenso minimalistische wie faszinierende Angelegenheit, die von den beiden Musikern mit unnachahmlicher Perfektion präsentiert wurde. Mit einem schlafwandlerischen Gespür für Melodie und Rhythmus und die Traditionen des Jazz, besonders seiner vokalen Form, verschmolzen Fesslers Stimme und Akustikgitarre bisweilen zu einem einzigen Instrument - Standards und Improvisation flossen ineinander über. Percussionist Garrido rundete das einmalige Klangerlebnis eindrucksvoll ab.
Nach diesem mustergültigen Beispiel für instrumentale Fähigkeiten bot die Gruppe "Vocal Sampling" das genaue Gegenteil - die sechs Musiker aus Kuba benutzen nämlich überhaupt keine Instrumente, sondern lediglich ihre Stimmen. Anders als den meisten ihrer Kollegen im derzeit immer beliebteren A-cappella-Sektor reicht es den jungen Sängern nicht, lediglich ausgefuchste mehrstimmige Arrangements zu trällern - sie imitieren mit ihren Stimmen vielmehr jedes einzelne Instrument, vom Schlagzeug bis zur Bläsersektion! Das funktioniert auch deshalb so gut, weil sie nicht nur herausragende Sänger sind, sondern die von ihnen imitierten Instrumente größtenteils auch tatsächlich beherrschen.
Sie ziehen es nur vor, zu singen, und das mit Erfolg. Wenn man für einen Moment die Augen schloss, konnte man wirklich meinen, man lausche einer kompletten Band. Das Repertoire, bestehend aus allem, was die Latin-Music zu bieten hat, wurde zudem mit viel Humor und einer Prise Show gewürzt. Lässig und locker, wie man sich das Leben in der Karibik vorstellt, trat das Sextett auf und steckte das Publikum mit seiner entspannten Lebensfreude an. Das führte nicht nur zu einem umfangreichen Zugabenteil, am Ende sang auch noch der ganze Saal mit.
So betrat der eigentliche Star des Abends erst spät die Bühne, was aber niemanden wirklich störte, denn Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Und im Falle von Helen Schneider darf man getrost auch etwas länger warten, denn es lohnt sich. Die Sängerin aus New York ist wie kaum eine zweite Künstlerin in allen musikalischen Genres zu Hause, ganz egal ob Klassik, Jazz, Musical, Blues oder Rock - ihre unverwechselbare Stimme passt immer und drückt jedem Stück ihren eigenen Stempel auf.
An diesem Abend aber konzentrierte sie sich auf ihre Erfolgsgeschichte als Rocksängerin und präsentierte die Songs ihres Albums "Like a woman" mit Songs von Dylan, Cohen oder Carole King. Und schnell war klar, dass sie trotz Ausflüge in andere musikalische Welten und trotz langer Kreativpausen nichts von ihrer Magie eingebüßt hat.