Ratingen: Im Erdgeschoss eine Galerie, unterm Dach eine Räuberhöhle
Hohe Räume, Stuckdecken und im Winter schlecht zu beheizen: die Jugendstilvilla an der Düsseldorfer Straße.
Ratingen. Schon von außen fällt das Gebäude zwischen den anderen an der Düsseldorfer Straße etwas aus dem Rahmen. Statt einer gewöhnlichen weißen oder grauen Außenwand, ist die Jugendstil-Fassade des vierstöckigen Hauses mit der Nummer 73 größtenteils hellblau gehalten. Es steht nur wenige Meter von der Bus- und Straßenbahnhaltestelle Ratingen-Mitte entfernt. Vor allem das Innenleben des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes von 1905 hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich.
"Wir sind unheimlich stolz auf dieses tolle Haus und leben sehr gern hier", sagt Wally von Guretzky-Cornitz. Die 54-jährige Galeristin ist vor vier Jahren mit ihrem Mann Peter (56) und den beiden Söhnen Alain (16) und Marcel (13) beruflich bedingt aus München nach Ratingen gezogen. Peter von Guretzky-Cornitz arbeitet im benachbarten Düsseldorf. "Bereits der erste Wohnungsbesichtigungstermin führte uns hierher", erinnert sie sich und sagt mit leuchtenden Augen: "Am Anfang dachten wir, das Haus sei eine Nummer zu groß für uns, aber wir haben uns direkt darin verliebt."
Positiv sei auch gewesen, dass der Vorbesitzer ein Nachfahre des Bauherrn Pohlhausen war. Der hatte den Altbau liebevoll und behutsam behandelt und stets Altersmängel behoben. "Dennoch hat man bei vier rund 100 Quadratmeter großen Etagen und einem 80 Meter langen Garten immer etwas zu tun", sagt von Guretzky-Cornitz, die im Erdgeschoss die Galerie "Art 73" betreibt und dort in zwei Ausstellungsräumen verschiedenen Künstlern eine Plattform für ihre Werke bietet.
Schon dort fallen die extrem hohen Decken auf und auch die alten Fenster, die genau wie die schweren Holztüren, die hölzernen Treppen und der Dielenboden noch immer zur Ausstattung des ersten Tages gehören.
In der Etage über der Galerie befindet sich das Prunkstück des Denkmals: Der Wohn- und Essbereich. Die Fenster sind mit Ätzungen, die Decken mit Stuck kunstvoll verziert. An den Wänden hängen zahlreiche Bilder und hohe Bücherregale fassen jede Menge Lesestoff. Das Wohnzimmer ist durch eine breite weiße Flügeltür zweigeteilt. Im hinteren Abschnitt befindet sich ein Ofen in der Ecke, daneben ein Klavier. "Das ist unser Winter-Wohnzimmer", erklärt Guretzky-Cornitz und spielt damit auf die Heiz-Problematik an, die sich durch die hohen Decken ergibt.
"Wir heizen nicht alle Räume. Manchmal muss man sich im Winter dann eben mal einen Pullover anziehen, denn die Räume werden trotz nachträglicher Abdichtung mit Dämmstoff nicht wärmer als 18, 19 Grad", sagt sie und fügt augenzwinkernd hinzu: "Zum Glück haben wir vorher lange in Bayern gewohnt, da sind die Winter noch kälter."
Gekocht wird hier mit Gas. "Das ist einfacher", sagt die Wahl-Ratingerin, die die Gasleitung extra legen ließ. Den Putzteufel in den hohen Zimmern spielt die zweifache Mutter seit vier Jahren ganz allein. "Zugegeben", sagt sie, "ganz nach oben an die Decken komme ich nicht."
In den oberen beiden Geschossen des Jugendstil-Gebäudes befinden sich die Bade- und Schlafzimmer. "Doch da lässt das künstlerische Flair ein wenig nach", sagt die Besitzerin und grinst. Das liegt jedoch nicht nur am Haus, denn: "Unser Nachwuchs sorgt oft dafür, dass die oberen Zimmer häufig aussehen wie eine Räuberhöhle."