Ratingen: Klavier und Geige sind vorn

Die Musikschule kann auf beachtliche Zahlen verweisen. Besonders stolz ist sie auf das hohe Interesse an klassischen Instrumenten.

Ratingen. Schlagzeug, Keyboard oder E-Gitarre - das wollen irgendwann alle Kinder lernen. Nun, nicht alle - aber eben doch so viele, dass die Ratinger Musikschule doppelt so viel Unterricht an diesen Instrumenten anbieten könnte, als sie es aktuell tut. "Die Kinder haben ihre Idole und wollen sie nachahmen", ist Musikschulleiter Paul Sevenichs simple Erklärung.

Doch er ist auf eine ausgewogene Musiklandschaft in Ratingen bedacht - und deshalb gar nicht daran interessiert, noch mehr Kinder typische Band-Instrumente lernen zu lassen. "Was bringt uns eine Armada von Schlagzeugern, wenn sie danach hier stehen und sich fragen: Was nun?"

Deshalb ist Sevenich auch froh und stolz, auf das wachsende Interesse der Ratinger an klassischen Instrumenten verweisen zu können. Besonders stark sind die Streicher vertreten. 158 Schüler übten an der Musikschule zuletzt Geige, Cello oder Kontrabass - 137 waren es im Jahr zuvor. Das führt nicht zuletzt auch zu einem stark besetzten Orchester. "Manche andere Musikschule beneidet uns darum", weiß Sevenich.

Der Schulleiter spielt selbst Posaune und hat nicht zuletzt deshalb ein wachsames Auge auf die Blechbläser. Mit Erfolg: Die Zahlen sprangen um etwa die Hälfte nach oben, mehr als 50 Schüler lernen heute Trompete, Posaune oder Horn. "Wir versuchen das durch frühzeitige Information zu erreichen. Ein Kind, das toll für Oboe oder Cello geeignet wäre, muss das erstmal kennen lernen."

Auch mit der Entwicklung der Ensembles kann die Musikschule hoch zufrieden sein. 310 Schüler spielen in Bands, Orchestern und Chören, elf mehr als im Vorjahr. "Das ist bemerkenswert, weil sich die Belegungen im Kinder- und Jugendchor rückläufig entwickeln", meint Sevenich. Dort wirken sich nämlich ganz deutlich die Ganztagesschulen aus. Den Kindern fehlt die Zeit, nachmittags zu Chorproben zu gehen. Dafür weichen viele auf kleinere Instrumentalensembles aus.

Eine Dichte an Projekten, wie es sie im Jugendkulturjahr gab, wurde seitdem freilich nicht mehr erreicht, die Sparte ist weitgehend unsichtbar geworden. Doch es gibt ja noch die Veranstaltungen, von denen die Musikschule jährlich dutzende auf die Beine stellt. Auch deren Zahl ist im vergangenen Jahr etwas geschrumpft: 94 öffentliche und interne Vorspiele, Chor- und Orchesterkonzerte, Kammermusikabende und Beteiligungen an anderen Veranstaltungen gab es. Sevenich kann dennoch zufrieden sein. Denn zu den einzelnen Anlässen kamen mehr Besucher als bisher.

Neben dem Tagesgeschäft will Sevenich in diesem Jahr vor allem die Rolle der Musikschule als verbindendes Element im Musikleben ausbauen. Beim "Tag der Musik" am vergangenen Wochenende hat sie die schon gut gespielt. "Wir wollen weg von der Kirchturmpolitik, hin zur Lobbybildung", sagt Sevenich. Ratingen habe ein gutes Netzwerk der Musikschaffenden - das sei diesmal erprobt worden. "Und es hat toll funktioniert. Das soll natürlich jetzt keine Eintagsfliege bleiben."