Ratingen: Tüten wurden zu Geschossen

Drei junge Männer bewarfen aus dem 13. Stock Passanten mit gefüllten Tüten und Beuteln. Zum Glück wurde niemand getroffen.

Ratingen. Schlimme Erinnerungen - nämlich an den Fahrradwurf vom Juli 2005 - wurden wach, als die Polizei am Montagnachmittag zum Berliner Platz in West gerufen wurde: Dort hatten Leute aus dem obersten Stockwerk eines Hochhauses mit Mehl, Kaffee und Zucker gefüllte Tüten auf den belebten Platz geworfen und dabei einige Männer, Frauen und Kinder nur knapp verfehlt.

Nur durch Glück wurde keiner der Passanten getroffen und verletzt. Besonders im Visier hatten die Beutelwerfer offenbar eine ältere Frau, die sich an einer Sitzgruppe ausruhte. In ihrer unmittelbaren Nähe schlugen mehrere Tüten wie Geschosse ein.

Vor Ort stellte die Polizei schnell fest, dass die Wurfgeschosse von einem Balkon in der 13. Etage des Hochhauses stammten. Die Beamten überprüften sofort die Wohnung und trafen auf den 22-jährigen Wohnungsinhaber sowie zwei Besucher aus Gerresheim (23) und West (24).

Das Trio - von der Polizei mit den Aussagen der Zeugen konfrontiert - wollte keine Angaben zu den Balkonwürfen und ihren Motiven machen. In der verwahrlosten Wohnung fanden die Beamten aber eindeutige Beweise für die Vorbereitung und Durchführung der Tat: Auf dem Boden lagen verstreut Reste von Mehl und Kaffeepulver. Das hatten die Drei teils in Papiertüten und teils Gefrierbeutel geschüttet. Außerdem konnte der polizeibekannte Wohnungsinhaber anhand seiner Kleidung und seines Aussehens eindeutig als der von den Zeugen beobachtete Werfer identifiziert werden.

Der 23-jährige Ratinger und der ebenfalls schon polizeibekannte Besucher aus Düsseldorf erhielten von der Polizei einen Platzverweis und mussten die Wohnung des Hauptbeschuldigten und das Hochhaus am Berliner Platz verlassen. Gegen alle drei Personen wurden Strafverfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung eingeleitet. Aufgrund ihrer großen Fallhöhe hatten die Mehl- und Kaffeetüten eine enorme Wucht entwickelt: Sie wären mit gut 100Stundenkilometern auf die Passanten aufgeschlagen und hätten schwere Verletzungen verursacht.

Im Juli 2005 hatte ebenfalls in der Siedlung am Berliner Platz eine Frau im Streit ein Kinderfahrrad aus einem Hochhaus geworfen, das einem zufällig vorbeikommenden 24-Jährigen den Schädel zertrümmerte. Der Mann liegt seither fast vollständig gelähmt im Wachkoma. Die Täterin wurde in zweiter Instanz zu zwei Jahren Haft verurteilt.