Ratingen: Unterstützung - Zahl hungriger Kinder steigt
Immer mehr Kindern wird durch den Hilfsfonds der Stadt ein warmes Essen finanziert.
Ratingen. Kinder, die mit laut knurrendem Magen morgens in den Kindergarten oder in die Grundschule kommen, die mit großen Augen zuschauen, wenn andere in der Frühstückspause leckere Butterbrote auspacken, die sich mittags mit Heißhunger über die ausgegebene warme Mahlzeit hermachen.
Das gibt es Tag für Tag, auch im relativ wohlhabenden Ratingen. Und es sind beileibe keine Einzelfälle. Die Zahl der Betroffenen geht in die Hunderte, Tendenz stark steigend.
Um auch armen Kindern die warme Mahlzeit am Mittag zu ermöglichen, hat das Jugendamt 2006 einen Beköstigungs-Fonds eingerichtet, der durch den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) verwaltet wird.
Waren es vor vier Jahren noch ein paar Handvoll Kinder, denen die Mahlzeit finanziert werden musste, waren es 2008 bereits 161. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres kletterte die Zahl der bedürftigen Kindern schon auf 269, zum Jahresende wird die 300er-Marke überschritten werden.
Parallel dazu sind auch die Kosten geradezu explodiert. Die ursprünglich benötigten Mittel haben sich in den vier Jahren von 10000 auf rund 100000 Euro verzehnfacht.
"Die Not ist größer geworden. Das Angebot hat sich aber auch herumgesprochen, und viele haben ihre Scham und Scheu überwunden", nennt Christa Seher-Schneidt, Leiterin des Jugendamtes, als Gründe für den starken Anstieg der Kinder, die aus dem Fonds versorgt werden müssen.
In der Regel bezahlen die Eltern fürs warme Mittagessen, doch immer mehr können sich nicht einmal diese paar Euro leisten.
"Nicht alle verrauchen oder vertrinken ihr Geld, und selbst wenn es ein paar schwarze Schafe gibt: Ich will nicht, dass die Kinder leiden", sagt die Amtsleiterin.
Dass die Zahl jener, die Hilfe aus dem Fonds brauchen, steigen wird, hat man im Jugendamt erwartet. Deshalb wurden von vornherein Einschränkungen und Auflagen festgesetzt, die sich aber in der Praxis nicht durchhalten lassen.
So sollten ursprünglich nur Kinder in Kindergärten, Offenen Ganztagsschulen und in der Übermittagbetreuung über den Beköstigungsfonds versorgt werden. "Es gibt aber auch Härtefälle an der Haupt- und Gesamtschule", weiß Seher-Schneidt. Diese Familien seien auch dem SkF bekannt. "Diese Einzelfälle lassen wir drin."
Um möglichst vielen helfen zu können, war angestrebt, die Bezuschussung auf maximal sechs Monate zu begrenzen. Auch das funktioniert in der Praxis nicht, weil sich die soziale Lage vieler betroffenen Familien in dieser Zeit nicht ändert.
Ganz auf Regelungen will die Stadt dennoch nicht verzichten, um die Ausgaben zu begrenzen. In Anlehnung an die Bedingungen des Landesfonds "Kein Kind ohne Mahlzeit" müssen beim städtischen Härtefonds bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.
Die Eltern müssen Hartz-IV-Leistungen beziehen und sich darüber hinaus in einer aktuellen finanziellen Notlage befinden. Von ihnen wird ein Eigenanteil von einem Euro pro Tag verlangt.
Außerdem werden sie bei Antragstellung darauf hingewiesen, dass sie dem Kind eine gesunde Pausenverpflegung mitgeben sollen. Zudem sollen sie die Schuldnerberatung in Anspruch nehmen. "Wir wollen damit auch an die Verantwortlichkeit der Eltern appellieren", begründet Sozialdezernent Rolf Steuwe.