Velbert-Neviges Sich auf Jesus einzulassen, heißt das Leben zu feiern
Neviges · Gedanken des evangelischen Pfarrers Martin Weidner zum Osterfest 2022
Bei allen Schreckensnachrichten brauchen wir Positives: Ein Fest, mit dem wir das erwachende Leben feiern, der Freude Raum geben und uns Gutes gönnen. Doch reicht eine festliche Verschnaufspause, um bei all den Entsetzlichkeiten Zuversicht durchzuhalten?
Leben braucht mehr als Ablenkung. Eine Hoffnung ist gefragt, die schlechten Prognosen standhält. Wir brauchen eine Geborgenheit, die Entsetzliches mit umgreift, eine Freude, die das Leid nicht ausklammert. Ostern feiern Christen genau das: Das Leben, das durch den Tod gegangen ist, Hoffnung, die Schlimmstes durchgestanden hat, Liebe, die durch nichts aufzuhalten ist. Der Krieg hat nicht das letzte Wort, der Hass siegt letztlich nicht, die Menschenverachtung hat verloren: Ohne diese Hoffnung hätte Leben keinen Sinn.
Hoffnung haben wir auch bitter nötig, wenn wir gegen die Resignation angesichts der wachsenden Krisen standhalten wollen. Wir sind als Einzelne und als Gesellschaft also darauf angewiesen: Jesus, der gekreuzigt wurde, lebt, und seine Liebe siegt.
Doch kann man es glauben? Dass Leben aus Totem entsteht? Doch alle, alle Menschen glauben das: Materie konnte vor einigen Milliarden Jahren auf einmal etwas wahrnehmen, kann leben. Obwohl der Verstand sagt, dass Materie nicht wahrnehmen kann, das ist völliger Blödsinn. Aber es gibt uns trotzdem. Kein Mensch versteht das, niemand weiß, was Leben ist. Auch Biologen nicht, die beschreiben nur Lebensstrukturen und Lebensvorgänge. Aber was Leben ist, das bleibt ein Geheimnis.
Alle Kulturen und Religionen knabbern an diesem Geheimnis herum. Nur die Bibel ist da sehr zurückhaltend und nüchtern: Der Mensch ist Staub und wird wieder Staub. Wie ein Samenkorn etwas völlig anderes ist als die Pflanze, die daraus wächst, so können wir über das, wie es in der Auferstehung sein wird, nichts sagen. Aber was Leben ist und die Auferstehung: Das ist klar benennbar: „Die Auferstehung und das Leben – das bin ich!“ sagt Jesus Christus.
Christen feiern an Ostern nicht Vorstellungen und Weltbilder, sondern eine Person: Jesus Christus. Leben wird hier durch Leben definiert: Anders geht es gar nicht, denn Leben beruht auf Beziehung, Begegnung, Gemeinschaft. Ostern feiern wir nicht nur, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, sondern: Wir sind mit ihm verbunden, er nimmt uns mit, reißt uns aus den tiefsten Tiefen in eine lebendige Hoffnung.
Genau dies geschah vor 2000 Jahren an Ostern. Menschen, die völlig verängstigt sein müssten, kümmern sich um Witwen, begraben die, die niemand begraben will. Das Merkwürdige: Fromme Juden beteten einen Menschen an. Dies ist nur eins von historisch unmöglichen Dingen, die nur durch die Auferstehung erklärbar sind.
Ostern bleibt ein Geheimnis, aber ein Hirngespinst ist es nicht, sondern historisch glaubwürdig. Wir sind gefragt, das Leben zu feiern, die Hoffnung zu ergreifen und den Todesmächten unserer Zeit entgegenzutreten, kurz: Uns auf Jesus, den Gekreuzigten und Auferstandenen einzulassen, ihn, das Leben, zu feiern.