So werden Senioren Betrugsopfer
Falsche Polizisten, fiese Ablenkungen — Kommissar Rainer Herbrand lüftet kriminelle Maschen.
Neviges. Eigentlich ist die Gefahr für Senioren im Kreis gar nicht so hoch, Opfer einer Straftat zu werden. Bei den 4725 bekanntgewordenen Fällen in 2016 liegt die Zahl der Über-60-Jährigen, denen geschadet wurde, bei gerade einmal sechs Prozent — dabei machen sie bei der Bevölkerung im Kreis Mettmann einen Anteil von 27 Prozent aus. Trotzdem machte Kriminalhauptkommissar Rainer Herbrand jüngst bei einer Informationsveranstaltung in der Glocke in Neviges deutlich: „Es gibt bestimmte Straftaten, bei denen gerade Senioren massiv gefährdet sind.“ Hier ein Überblick über aktuelle Betrugsmaschen gegen Ältere.
Diese neueste Variante des Enkeltricks findet Herbrand „besonders perfide“, weil sie mit der Angst der Senioren spielt und deren Vertrauen zur Polizei ausnutzt. Die Opfer werden von vermeintlichen Polizeibeamten angerufen, die davon berichten, gerade Teile einer Einbrecherband festgenommen zu haben. Bei diesen sei eine Adressenliste gefunden worden — und genau auf dieser stehe auch der Angerufene. Vom Opfer fordern die Kriminellen nun — zur Sicherheit — alle Wertsachen an die (falsche) Polizei zu übergeben.
„Wenn Sie nicht mitspielen, werden Sie massiv unter Druck gesetzt“, berichtet Herbrand. Die „Polizei“ rufe immer wieder an, drohe sogar Strafverfahren an. Die Inszenierung geht noch weiter: So senden die Betrüger sogar die Nummer „110“ ins Display des Angerufenen. „Wenn wir anrufen, sehene Sie aber gar keine Nummer im Display“, stellt Herbrand klar.
Um ihre Forderung mit einem echten Polizeieinsatz zu unterstreichen, haben sich die Kriminellen sogar schon als besorgte Zeugen bei der echten Polizei gemeldet und die Beamten tatsächlich mit einer getürkten Einbrechermeldung ins entsprechende Wohngebiet geschickt. „Das ist dramaturgisch echt gut aufgebaut“, gesteht der Kommissar. Im vergangenen halben Jahr gab es 50 Betrugsversuche dieser Art im Kreis, auch in Velbert. „In zwei Fällen ist es zu Übergaben gekommen“, berichtet Herbrand. So wechselten insgesamt 180 000 Euro den Besitzer. Sein Tipp: „Wenn Sie von falschen Polizisten angerufen werden, rufen Sie von einem zweiten Telefon die 110.“ Warum so kompliziert? Die Täter klingeln direkt wieder durch und überprüfen, ob die Leitung noch frei ist oder das Opfer sich bereits Hilfe holt.
Auch diese Masche ist relativ neu. Ein Auto hält neben dem Opfer und die Beifahrerin fragt nach dem Weg zu einem bekannten Ort wie etwa dem nächsten Krankenhaus. Warum eine Beifahrerin? „Frauen erhalten mehr Vertrauensvorschuss“, weiß der Kriminalhauptkommissar. Hilfsbereite Damen bekommen von der Täterin eine — wertlose — Kette als Dankeschön um den Hals gehängt. „Ihre Goldkette ist dann aber weg“, so der Polizist. Männern wird ausgiebig die Hand geschüttelt — bis die Uhr fehlt. Herbrand: „Werden Sie alleine auf diese Weise angesprochen, sagen Sie einfach, dass Sie den Weg nicht kennen.“
Kaffeefahrten haben mittlerweile einen derart schlechten Ruf, dass sich kaum noch Interessenten anlocken lassen. Daher gibt’s nun einen neuen Einstieg zur alten Maschen: Die Opfer erhalten ein Gewinn-Schreiben. Den Preis können sie aber nur auf einer Fahrt entgegennehmen. Kommissar Herbrand mahnt zu Realismus: „Sie haben nichts gewonnen! Ganz sicher nicht, wenn Sie nirgendwo mitgespielt haben.“ Einmal auf der Kaffeefahrt werden die „Gäste“ dann dazu gedrängt, zweifelhafte Artikel wie Rheumadecken oder Gesundheitssteine zu Wucherpreisen zu erstehen. Den angeblichen Preis gibt es jedoch gar nicht.