Stafettenwechsel bei der DRK-Schuldnerberatung
Dagmar Peetz übergibt an Tatjana Meixner. Ihr Rat bleibt aber nach 27 Jahren gefragt.
Wülfrath. Beim Deutschen Roten Kreuz geht jetzt eine Ära zu Ende. Nach 27 Jahren als Wülfrather Schuldnerberaterin wechselt Dagmar Peetz zum 1. August in den Ruhestand. Doch so ganz stimmt das nicht, denn die 63-Jährige wird in den nächsten beiden Jahren ihrer Nachfolgerin Tatjana Meixner (44) als Mentorin mit Rat und Tat zur Seite stehen. Gestern wurde der Stabwechsel in der DRK-Beratungsstelle offiziell vollzogen. Und dabei flossen bei Peetz, die sich selbst „ein leichtes Helfersyndrom“ attestiert, auch Tränen der Rührung und Dankbarkeit.
„Sie hinterlässt große Fußstapfen. Wir sagen Danke für die erfolgreiche Arbeit eines Unikats, denn eine Schuldnerberatung in dieser Trägerschaft und in enger Verzahnung sowie im Auftrag der Stadt ist einzigartig für den DRK-Kreisverband Mettmann. Dass Schuldnerberatung eine soziale Aufgabe ist, wir beim Roten Kreuz nicht nur Fälle bearbeiten, sondern auch das menschliche Schicksal dahinter im Auge behalten, dafür steht Dagmar Peetz in vorbildlicher Weise “, befand Sebastian Dahms, Vorsitzender des DRK-Ortsvereins.
Arbeitslosigkeit, schwere Erkrankung, Niedriglohn, geringe Rente oder Scheidung — der Weg in die Schulden kann viele Ursachen haben. Es kann jeden treffen. Aus der Abwärtsspirale wieder herauszukommen, ist schwer, kostet Energie und Zeit — viel Zeit. 23 Wochenstunden standen der Schuldnerberaterin offiziell nur für bis zu 40 Neu- und manchmal 90 Dauerkunden pro Jahr zur Verfügung. „Manche haben nur drei bis zehn, andere gleich 70 Gläubiger“, hat Peetz erfahren. Ihre persönliche Bilanz ist beeindruckend: „Etwas mehr als 1500 Einzelpersonen, darunter sind auch Familien, habe ich mit entschuldet. Von der erst seit 1999 möglichen Verbraucherinsolvenz habe ich um die 350 begleitet“, so Dagmar Peetz. Beim Einkauf sei es ihr schon öfter passiert, dass die ehemaligen Schuldner sie mit „Alles erledigt, alles gut“ oder gar „Ich liebe Sie“ ansprechen. Andere würden ihr Peetz aus Dankbarkeit um den Hals. Auch weil Peetz schon mal den Tierschutzverein dafür gewinnt, die Kosten für das Futter und die Behandlung des kranken Hundes eines Klienten zu übernehmen. „Der Druck, der durch Schulden ausgelöst wird, macht krank. Auch Tiere geben da Halt“, erklärt Dagmar Peetz. Sie lobt das gute Netzwerk vor Ort. Zu dem würden, neben den Ämtern der Stadt und den Vereinen, auch die von vielen Sponsoren getragene Initiative „Wülfrather Kinder in Not“ beim DRK gehören. „Die sorgt für neue Kleidung, Schulmaterialien oder Schwimmkurse, wenn’s nötig ist“, so Peetz.
Sie zeichnete DRK-Kreisverbandsgeschäftsführer Stefan Vieth mit der Medaille des Sozialverbands aus. „Ein Gänsehautgefühl. Es waren total tolle Jahre. Ich habe immer schon gerne Menschen geholfen, die drei DRK-Vorsitzenden und die Stadt standen immer gut hinter mir. Sicher, ich musste auch Geld verdienen, aber das ganze war mehr Berufung für mich“, so Peetz unter Tränen.
„Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut“, zitierte Bürgermeisterin Claudia Panke den Schriftsteller Arthur Schnitzler. Panke würdigte Peetz als „verlässliche Partnerin“ und Fachfrau mit großer Expertise, die stets für eine „herzliche, aber auch sehr konsequente Beratung“ stand.
Seit dem 1. Juli arbeitet Dagmar Peetz Nachfolgerin Tatjana Meixner ein. „Ich versuche, mit ihrer Hilfe auf den fahrenden ICE der Schuldnerberatung aufzuspringen“, sagte die 44-Jährige. Auch sie will Menschen helfen, wieder durchzustarten. „Wer zu uns kommt, hat den wichtigsten Schritt schon gemacht.“ Meixner hat gerade den Bachelor in Beruflicher Bildung erworben. „Ich komme aus der sozialen Arbeit, bin als Pädagogin schon in der Jugendberufshilfe und Beschäftigungsförderung mit dem Thema in Kontakt gekommen.“ Doch die bei der integrierten Beratung erworbenen Kenntnisse zählen für die Bezirksregierung nicht. Die fordert für die staatlich anerkannte Stelle nicht nur den Zertifikatskurs, sondern auch eine zweijährige Berufserfahrung in der reinen Schuldnerberatung. „So eine Kraft gibt es auf dem Markt nicht“, musste der damalige DRK-Vorsitzende Wolfgang Peetz nach zwei Ausschreibungen feststellen. Deshalb mache Ehefrau Dagmar mit je zehn Stunden pro Monat als Beraterin von Meixner weiter. Letztere ist verheiratet und lebt in Düsseldorf.