Streit um Hombergs Gassen
Denkmalrecht: Einige Anwohner wollten Wege im Dorfkern für Durchgangsverkehr sperren – jetzt kam der Bezirksausschuss zum Ortstermin.
Homberg. Eigentlich hat Familie Dauzenroth ein schönes Häuschen. Mitten im historischen Ortskern, gelegen - in einem Hinterhof zwischen Dorfstraße und Kindergarten St. Jacobus. Auch Petra van Bonn wohnt traumhaft schön. Neben der katholischen Kirche, oberhalb der Dorfstraße, am Grashofweg steht ihr Haus. Beim Blick aus dem Fenster schaut sie auf die Felder. Doch die Idylle trügt. Denn sowohl Petra van Bonn als auch die Dauzenroths sind - wenn sie auf der Terrasse sitzen - nicht allein. Dorfbewohner nutzen ihre Grundstücke als Verbindungswege. Mit der Folge, dass die Familien beim Grillen oder Sonnenbaden regelmäßig ungebetene Besucher haben.
Auch am Donnerstag war wieder Besuch da - allerdings willkommener. Der Bezirksausschuss Homberg befasste sich mit der Situation. Der Grund: Die Stadt möchte die Denkmalbereichssatzung ändern. Weite Teile Hombergs stehen unter Denkmalschutz. Dazu gehören auch die vielen kleinen Wege und Gässchen, die für den Stadtteil so typisch sind. Diese sind zwar oft Privatgelände, dürfen aber - wenn sie denn Teil der Satzung sind - von Passanten offiziell genutzt werden. Denn es gilt eine Art jahrhundertealtes Gewohnheitsrecht.
"Damit genau das nicht möglich ist, müssen wir die Denkmalbereichssatzung ändern", sagte Denkmalpflegerin Anna-Maria Voss am Donnerstag. Das Problem: Das gesamte Wegesystem in Alt-Homberg basiert noch heute darauf, dass Privatleute den Durchgang über ihre Grundstücke dulden. Das ist historisch bedingt. "Und so wie die Situation bei den beiden betroffenen Parteien ist, so ist sie vielerorts im Stadtteil." Auch ihre Grundstücke würden schon seit Jahrhunderten als Durchgang genutzt.
Dass einige Wege bislang nicht Teil der Satzung sind, sei ein Fehler, der jetzt behoben werden müsse. Eine Frechheit, finden die Besitzer. "Wir fühlen uns enteignet", sagen Kirsten Dauzenroth und ihr Mann. Sie hätten es geschafft, die Leute dafür zu sensibilisieren, besser andere Wege als den ihren zu nutzen. "Wir haben also ein wenig Privatsphäre geschaffen." Werde der Weg jetzt Teil der Satzung, werde alles wieder wie früher. "Und hier ist Durchgangsverkehr." Ähnlich sieht es Petra van Bonnen. "Man hat auch gar keinen Überblick, wer so über das Grundstück läuft. Das ist kein schönes Gefühl."
Der Bezirksausschuss analysierte die Situation und hörte sich die Argumente der Betroffenen an. Schließlich stimmten die Politiker aber für die Änderung der Satzung. Eine Begründung gab es nicht. Maßgeblich war aber wohl die Analyse der Denkmalpflegerin: "Ändern wir die Satzung nicht, könnten die Betroffenen Zäune und Tore aufstellen. Das wiederum würde andere im Dorf dazu verleiten, es ihnen gleich zu tun. Und dann würde das gesamte historische Wegesystem in Homberg zerstört."