Stuntfrau Vanessa Wieduwilt: Die Gefahr ist ihr Beruf
Vanessa Wieduwilt aus Wülfrath ist als Stuntfrau und -koordinatorin für Fernseh- und Kinoproduktionen gefragt.
Wülfrath. Da muss sie nicht lange überlegen. Sie lächelt und zieht wie zur Entschuldigung die Stirn kraus und klopft auf den Tisch vor sich: „Nein, mir ist noch nichts Schlimmes passiert. Mit großen Verletzungen kann ich nicht dienen. Blaue Flecken, ja. Mal eine Prellung. Das ist es schon.“ Und das ist in ihrem Job nicht üblich. Vanessa Wieduwilt aus Wülfrath ist Stuntfrau und als solche seit 18 Jahren gut im Geschäft.
Sportbegeistert war Vanessa Wieduwilt von klein auf. Turnen und insbesondere Voltigieren — noch in diesem Jahr war sie mit einer Gruppe auf dem weltberühmten Reitturnier CHIO in Aachen dabei — standen früh bei ihr hoch im Kurs. Die damit verbundene Beweglichkeit kommt ihr heute zugute. Mit 18 Jahren fing sie an, kleine Stunts zu absolvieren. „Gemodelt habe ich auch“, merkt sie an.
1994 hat sich Vanessa Wieduwilt an einer Stuntschule angemeldet. Der Versuch, parallel ein Studium an der Sporthochschule Köln zu absolvieren, ist gescheitert: „Studium und Beruf funktionieren nicht.“
Seit 1999 ist sie als Freiberuflerin unterwegs. Im gleichen Jahr heuerte sie als Stuntfrau für mehrere Folgen der damals erfolgreichen RTL-Serie „Notruf“ an. Dabei ist es nicht geblieben. Längst sind ihre Fähigkeiten beim großen Film gefragt. „Ich kann mich wirklich nicht beklagen. Aufträge habe ich genug“, sagt sie. Gerade in diesem Jahr sei sie fast nur unterwegs. „In meiner Wohnung war ich in den vergangenen sechs Monaten zwei Tage am Stück.“
Diese Rastlosigkeit hat privat einen Preis. Aktuell ist sie Single. „Wenn du dauernd unterwegs bist.“ Der Liebe wegen ist sie für ein Jahr einmal in die USA gegangen. Ihr Freund war Schauspieler. „Aber die Oberflächlichkeit da habe ich nicht ertragen“, sagt sie. Der Schein habe gezählt. Schauspieler und Stuntleute würden sich Anrufer „mieten“, „nur damit man immer busy aussieht“.
Heute „Soko Leipzig“ fürs ZDF, morgen den „Tatort“ für die ARD und immer wieder internationale Kino-Produktionen. Zum Beispiel „Aeon Flux“: Da hat sie 2004 Oscar-Preisträgerin Charlize Theron gedoubelt. Wieduwilt: „Die Stunts waren klasse, der Film nicht so sehr.“
Bei großen Filmen wie „Der Baader-Meinhof-Komplex“ oder „Die Päpstin“ war sie dabei. Auch in Tom Tykwers „The International“ hat sie mitgewirkt. Abgedreht hat sie gerade eine der teuersten deutschen Produktionen überhaupt: „König Ludwig II.“, der 2012 ins Kino kommen wird. Neben Theron gehören Tatort-Kommissarin Ulrike Folkerts und Cate Blanchet zu den prominentesten Schauspielerinnen, für die sich die sympathische Wülfratherin, die immer wieder ihre Familienangehörigen in Hilden und der Kalkstadt besucht, in Gefahr begab.
Als Stuntfrau gehören Stürze zu ihrem Metier. 16 Meter hoch — das war bisher die wortwörtliche Spitze. Zuletzt ist sie aus einer Höhe von zwölf Metern auf ein dreimal vier Meter großes Kissen gesprungen. „Du fokussierst Dich nur da drauf. Dann geht das schon.“ Angst, sagt sie, habe sie nicht. „Ich habe Respekt, bin vorbereitet und konzentriert.“
Mit Kollegen bietet sie ihre Dienste unter anderem über ihr Unternehmen Filmpferde.com an. Und das sind nicht immer Stunt-Jobs. Inzwischen hat sie erste Erfahrungen als Second Unit-Regisseur („Das würde ich gerne ausbauen“) und vor allem als Stuntkoodinatorin. Da plant sie die Stunts, betreut sie.
Ihre Liebe für den Reitsport kann sie ebenso ausleben — als „Horsemaster“, wo sie für die Reitszenen zuständig ist. Wie in „Die drei Musketiere“. Vanessa Wieduwilt kümmerte sich um Pferde und Reiter gleichermaßen. „Da habe ich die Verantwortung.“
Wie auch in „Confession of a Child of the Century“, den sie im Februar in Regensburg gedreht hat. Unter ihren Fittichen stand auch Skandal-Rocker Pete Doherty. „Bei ihm war ich am Ende froh, dass er über Nacht die Erkenntnis gewonnen hatte, nicht aufs Pferd gehen zu wollen.“ Mehr verrät sie nicht. Ihr Lächeln ist vielsagend.