Schuttwüste in der Innenstadt

Noch bis Ende der Woche werden alle Häuser auf dem 5500 Quadratmeter Gelände an der Goethestraße abgerissen.

Wülfrath. Ein älterer Herr geht mit seinem Spazierstock die Schillerstraße herunter. Sein Blick ist auf die rechte Straßenseite gerichtet. „Das sieht aus wie im Krieg, nicht wahr?“, sagt der Mann, und zeigt mit seinem Stock in Richtung der Baustelle an der Ecke Goethe- und Schillerstraße.

Ganz unrecht hat der Mann nicht: Hinter dem Drahtzaun wurde bereits eine breite Schneise durch die Bebauung geschlagen. Die Baugesellschaft GWG lässt unter örtlicher Leitung des TÜV Nord die verbliebenen Gebäude an der Straßenecke abreißen.

Am Hang vor der Sporthalle, wo vorher ein Bauunternehmer ansässig war, ist Schutt aufgetürmt. Dort sind, wie schon von weitem zu hören ist, auch die schweren Abrissgeräte zugange. Ein roter Abbruchbagger macht sich mit seinem mehrere Meter langen Arm am Dach des über 100 Jahre alten Wohnhauses neben dem ehemaligen Autohaus Beuteführ zu schaffen.

Ohne Mühe greift sich die Schaufel ein Erkerfenster und pickt es so einfach heraus, als wäre es nur eine Rosine in einem Weihnachtsstollen. Der Abbruchbagger lässt das Dachfenster krachend fallen. Sein gelber Baggerkollege greift sich emsig den Schutt und wirft ihn in einen Container. Zwei Entsorgungsunternehmen sind im Einsatz. Auch beim Abriss wird der Müll sortiert.

Hinter einem rund 1,80 Meter hohen Sicherheitszaun aus Holz hat sich eine Menge Schaulustiger versammelt. Als der Bagger richtig loslegt, staunen die Menschen hörbar. Die Baggerschaufel fährt durch die Seitenwand des Hauses, Fenster brechen ebenso heraus wie das Mauerwerk. Im Innern sind die Treppengänge zu sehen. Aber nicht alles funktioniert.

Als der Bagger einen Kamin auf dem Dach greifen will, bekommt er „feuchte Hände“, weil die Arbeiter die Wände mit Schläuchen bespritzen. Der rote Backsteinblock fällt in das Haus hinein. Entscheidend ist das nicht mehr — schließlich wird eh alles dem Erdboden gleich gemacht.

Noch bis Ende der Woche reißt die GWG auf dem mehr als 5500 Quadratmeter großen Gelände die restlichen Häuser ab. „Bisher läuft alles planmäßig. Bis Freitag sollen die Gebäude liegen. Danach kommen im Januar noch etliche weitere Arbeiten“, sagt Thomas Wagenknecht von der Baugesellschaft. So liegen im Erdreich unter den Häusern mehrere Tanks, die entfernt werden müssen.

Im Servicebereich der Autowerkstatt waren sie mit Heizöl, aber auch Benzin gefüllt. Drei Tanks gab es auch im Bereich des ehemaligen Bauunternehmens. Dort seien die Einsatzfahrzeuge betankt worden, sagt Wagenknecht. Sind alle Behälter aus der Erde, werden restliche Bauteile verkleinert und das Gelände leicht begradigt.

„Stadtreparatur“ hatte GWG-Chef Juan-Carlos Pulido die Maßnahmen genannt — nach dem Abriss von Autohaus und Bauhof, die eigentlich nicht in eine Innenstadt gehörten, soll neuer Raum für Wohnungen, Büros, Arztpraxen oder kleine Geschäfte entstehen. „75 Prozent Wohnen, 25 Prozent gewerbliche Nutzung“ wünscht sich Pulido. Ob die GWG selbst am Neubau beteiligt ist, ist bis dato allerdings noch nicht entschieden.