Velbert: Hilfe, wie versteh’ ich mein Kind?

Wenn der Nachwuchs die Revolte probt und Eltern mit ihrem Latein am Ende sind, finden sie in der Elternschule fachliche Unterstützung.

Velbert. Die Nerven von Hannahs Mutter liegen blank: Der Blick pendelt zwischen dem Zeiger der Uhr und der Haustür. Aber auf das erlösende Klimpern, wenn Hannah (Name von der Redaktion geändert) den Schlüssel ins Schloss steckt, wartet die Mutter vergeblich. 24 Uhr - und weit und breit keine Spur von der 14-Jährigen.

Hannah, das Nesthäkchen der Familie, steckt mitten in der Pubertät. Die erste Liebe, Partys und Freunde sind angesagt. Pünktlich daheim zu sein, ist ihr dagegen egal. Lehrer und Eltern sind in ihren Augen "eh doof" oder "verstehen sie nicht".

Nicht zum ersten Mal telefoniert die Mutter Hannahs Freunde ab, steigt schließlich ins Auto und fahndet nach der Tochter. Was hat sie bloß falsch gemacht? Solche Probleme hatte sie mit Hannahs älteren Geschwistern doch nicht. "Man hat permanent das Gefühl, als Mutter versagt zu haben", sagt die Mittvierzigerin.

Die nächtliche Suche im November war für sie schließlich der Auslöser, sich Hilfe in Sachen Erziehung zu suchen. In der Elternschule, die im Rahmen des Lokalen Bündnisses für Familie in Kooperation von Volkshochschule, Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer, der Stadt Velbert und dem Klinikum Niederberg angeboten wird, wurde sie fündig. Im Seminar "Sturm- und Drangzeit" traf die Velberterin andere Eltern, die dieselben Probleme mit ihren Kindern hatten.

Mittlerweise habe sich das Verhältnis zu ihrer Tochter verbessert, sagt sie. Wenn es auch keine Familienidylle gebe, lebten sie doch jetzt ein Miteinander. Im Rollenspiel des Seminars lernte die Velberterin beispielsweise, auch einmal die Perspektive ihrer Tochter einzunehmen. Und dass Brüllen nichts nützt. Besser klar machen, dass man sich als Eltern sorgt - eine Standpauke ließe die 14-Jährige sowieso trotzig an sich abprallen.

Sozialarbeiter, Pädagogen und andere Fachreferenten geben die Seminare der Elternschule. "Oft sind Eltern in der Erziehung einfach unsicher und haben Angst, Fehler zu machen", sagt Heike Beldig, die bei der VHS die Kurse koordiniert. Um die 200 Teilnehmer werden pro Semester gezählt. Sind Kinder heute schwieriger als früher? "Vor 20 Jahren hat man über die Probleme nicht gesprochen, aber gegeben hat es sie schon immer", so Beldig.

Das Kursprogramm der Elternschule wächst stetig. "Sorgenkinder, Tyrannen und Quälgeister... Wie können Eltern damit umgehen?", heißt es zum Beispiel in der Auftaktveranstaltung am Montag, 1. September, bei einem Abendseminar von 19.30 bis 21 Uhr. Ab 4. September vermittelt Wilfried Kortkamp an 15 Nachmittagen, wie "Hausaufgaben Mathematik erfolgreich und schnell erledigt" werden können. "Erziehungsstress- oder Frust", die "Brüllfalle" oder die Frage "Wie werden Eltern ein Dream-Team?" sind weitere Themen.

"Man muss keine Skrupel haben, sich Unterstützung zu holen", sagt Hannahs Mutter heute. Wobei sie weiß: "Jeder hat Hemmschwellen. Wer gibt sein Versagen schon gerne zu. Aber das muss man - zum Wohle des Kindes und des eigenen."