Nach 75 Jahren Meinhardt Reisen reist nicht mehr: Wuppertaler Traditionsunternehmen stellt Betrieb ein
Wuppertal · Das traditionelle Bus-Unternehmen wird nach über 75 Jahren im Einvernehmen aller Beteiligten stillgelegt.
Wenn man von einer Betriebsstilllegung nach über 75 Jahren hört und dies auch noch von einem Familienunternehmen, in das sich drei Generationen eingebracht haben, dann lässt sich in der Regel eher eine unschöne Geschichte erwarten, doch in diesem Fall ist es anders. Am Ende dieser Zeilen sollten die meisten eigentlich zu dem Schluss kommen: Alles richtig gemacht.
Im Jahr 1949 gründeten die Eheleute Ilse und Rudolph Meinhardt ein Mietwagenunternehmen in Wuppertal. Der Besitz eines Automobiles war in dieser Zeit eher die Ausnahme und so wurden schon mal für die Hausbesuche eines Arztes, ein Mietwagen nebst Fahrer, für den ganzen Tag gemietet. Nach einigen Jahren kam bereits ein VW-Samba-Bus hinzu und die Personenbeförderung mit Mietwagen und Kleinbussen baute sich kontinuierlich aus.
Es kamen Schulbusfahrten und Werklinienverkehr hinzu, aber erst im Jahr 1963, mit dem Kauf eines neuen Reisebusses, der mit Radio und Kassette, Düsenbelüftung und Kühlschrank ausgestattet war, kamen Ausflugsfahrten am Wochenende mit in das Angebot. In diesem Jahr wurde auch der Sohn Harro zum regelmäßigen „Beifahrer“ von Rudolph Meinhardt und der Betriebshof zog von der Kohlenstraße in die Straße „Zu den Dolinen“ an der Grenze zwischen Wuppertal-Langerfeld und Nächstebreck.
„Wir haben viel
Glück im Leben gehabt“
„Ich bin praktisch im Bus geboren worden“, erinnert sich Harro Meinhardt an diese Zeit zurück, der das Unternehmen heute zusammen mit seiner Frau Birgit führt, aber nur noch bis zum 28. Februar, dann wird das operative Geschäft eingestellt. Die beiden haben sich als Jugendliche in der Tanzschule Schäfer kennengelernt und wurden schnell ein „Dream-Team“. Sie half ihm freitags beim Reinigen der Busse und er ihr am Wochenende in der Konditorei ihrer Eltern, damit mehr gemeinsame Zeit bleibt.
Harro Meinhardt ist seit 1983 im Unternehmen und seine Frau folgte bald darauf. 1999 übernahmen sie die Geschäftsführung. „Mein Vater hat verstanden, mich für das Unternehmen zu interessieren“, erklärt Harro Meinhardt, worin für ihn auch der Schlüssel zum Erfolg liegt und zur Weitergabe in die nächste Generation.
Diese besteht bei den beiden aus vier Kindern - Marie, Madeleine, Mats und Mabel. Sie alle halfen und unterstützen im Familienbetrieb, fanden aber ihre eigenen Lebenswege. Nach ihrem Studium der Biologie trat die Tochter Marie dann auf eigenen Wunsch 2016 in das Büro-Team des Betriebs ein und etwas später auch dem Busfahrer-Team. Damit waren alle Voraussetzungen gegeben, doch als sie ihren Lebenspartner fand und es zur Familienplanung überging, war eine Übernahme der Geschäftsführung nicht mehr umsetzbar. „Unsere Kinder sollten immer machen, was sie interessiert“, erklärt das Ehepaar Meinhardt einstimmig. Es müsse auch nicht vorbestimmt ein Busbetrieb oder eine Konditorei über den Lebensweg entscheiden. Sie freuen sich von ganzem Herzen, dass all ihre schon erwachsenen Kinder gefunden haben, was sie glücklich macht. Eine ihrer Töchter macht zum Beispiel gerade eine Ausbildung zur Tanzlehrerin, sogar in der altbekannten Tanzschule Schäfer.
Nun begann das Ehepaar Meinhardt am Plan B zu arbeiten, den Verkauf des Unternehmens, denn sie haben sich versprochen, dass mit dem Renteneintrittsalter für sie auch Schluss ist. Dabei ergab sich aber nicht die gewünschte Win-Win-Situation in Bezug auf die Mitarbeiter, welche man zusammen übernommen hätte, aber zu neuen Konditionen. Hinzu sollte auch ihnen die freie Wahl bleiben, denn teilweise zwischen 20 und 25 Jahren im Betrieb, sind auch sie Familie geworden, weswegen Transparenz für die Meinhardts in dieser Angelegenheit auch sehr wichtig war. In einer Aussprache mit den Fahrern wurden diese darüber informiert, dass alles gemäß Gegebenheiten auf eine Stilllegung hinausliefe, und beide Seiten verständigten sich darauf.
Also hieß es Plan C – das operative Geschäft einstellen. Die Fahrer, heute mehr denn je gesucht, wurden teilweise in neue, unterschiedliche Jobs vermittelt, oder fanden auch selbst Stellen, die ihren Wünschen und Vorstellungen entsprachen. Der springende Punkt an dieser Stelle – sie alle sind bis heute geblieben und gehen den Weg des Unternehmens bis zum Schluss mit. Am 28. Februar ist es dann so weit, auch wenn noch einige Herausforderungen im Nachgang folgen. Von den zuletzt 13 Bussen im bekannten Himmelblau wurden bereits einige an Kooperationspartner und auch neue Marktteilnehmer verkauft.
Auf die Frage, was sie sich für den Ruhestand vorgenommen haben, antworten sie „Reisen“ und lachen gemeinsam los. Eine ihrer Töchter lebt im US-Staat Michigan, diese wollen sie ab nun auch tatsächlich öfter besuchen, aber ansonsten ist Reisen kein Ziel mehr, auch wenn beide es geliebt haben, die Menschen von A nach B zu fahren, und unterwegs zu sein mit den Großgefährten. Sie wissen, dass jeder das hat, was ihn glücklich macht. Am Wochenende machten sie eine letzte gemeinsame Fahrt als Fahrer. Sie fuhren die Tanzschule Schäfer zu dem Contest „dance4fans“ in Wilhelmshaven und hier schließt sich irgendwie der Kreis.