Wenn die Perspektive fehlt

Die Kompetenzagentur bewahrt seit zehn Jahren Jugendliche vor dem sozialen Abstieg. Jetzt gibt’s eine neue Koordinierungsstelle.

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Velbert. Manchmal finden sich Jugendliche in vermeintlichen Sackgassen wieder. Sie gehen nicht mehr zur Schule, brechen ihre Ausbildung ab oder werden gekündigt. „Das sind Situationen, wo junge Leute oft gar nicht wissen, wie es weitergeht“, berichtet Gabriele Mingel von der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Doch es gibt meistens einen Weg — und die Kompetenzagentur zeigt ihn auf.

Die Sozialverbände Awo Kreis Mettmann und SKFM Velbert/Heiligenhaus helfen bereits seit 1997 gemeinsam mit der Stadt Velbert Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der sozialen Integration. Früher konzentrierte sich die Arbeit auf die Schulen, seit 2006 bündeln die Helfer ihre Kräfte unter dem Namen Kompetenzagentur und betreuen junge Leute bis zum 26. Lebensjahr.

Dabei geht es nicht nur um den beruflichen Einstieg. „Für viele Jugendliche ist es schon eine große Herausforderung, sich eine eigene Wohnung zu suchen, wenn alle Schlüsselkompetenzen fehlen“, sagt die langjährige Beraterin Mingel.

Die Sprechstunden laufen bei der Awo, Offerstraße 21, und beim SKFM im Offenen Bürgerzentrum BiLo, Von-Humboldt-Straße 53. Gefördert wird das Gesamtprogramm „Jugend stärken im Quartier“ zur Hälfte durch zwei Bundesministerien und den Europäischen Sozialfonds. Die zweite Hälfte der erforderlichen 172 000 Euro übernehmen Sozialverbände und Stadt.

Gestern stellte sich die neue Kommunale Koordinierungsstelle für das Projekt vor — eine Extraeinrichtung, die von den Förderern gewollt war. Sie soll die Erkenntnisse, die durch die Arbeit mit den Jugendlichen gemacht werden, auf breitere Beine stellen. Petra Franz von der Koordinierungsstelle, die bereits 2015 ihre Arbeit aufgenommen hatte, erklärt: „Wir schauen, wo es Lücken im System gibt und versuchen nachzusteuern.“ Das funktioniere beispielsweise durch die Rückmeldung in Richtung Stadt oder politische Gremien.

Dass die externen Gelder der EU auch so ihre Tücken haben, kann Willi Knust, Geschäftsführer beim SKFM Velbert/Heiligenhaus, berichten. „Die Fördergeber verlangen, dass wir dokumentieren, welche Jugendlichen zu uns gekommen sind. Dass wir Unterschriften verlangen müssen, erhöht aber nicht gerade die Niederschwelligkeit“, sagt er.

Die Förderung, die bis 2018 läuft, ist zudem mit dem Programm „Soziale Stadt“ verknüpft, womit die 180 Jugendlichen, die in den vier Jahren mindestens gefördert werden sollen, eigentlich nur aus dem Bereich Birth/Losenburg kommen dürfen. Den Beratern wurde schnell klar, dass das wenig praktikabel ist und bieten jedem Hilfesuchenden zumindest eine Einstiegsberatung an. Mingel sagt: „Es steht zwar in den Richtlinien, aber dass wir Jugendliche abweisen, ist mit unseren moralischen Vorstellungen unvereinbar.“