Wülfrath: Was die römische Antike mit den Rathäusern zu tun hat

Stadtführung: Historiker Frank Homberg wandelt auf Einladung der Bürgervereins auf den Spuren der Rathaus-Geschichte.

Wülfrath. "Das habe ich nicht gewusst, obwohl ich hier im Rathaus arbeite", gesteht Sozialarbeiterin Randi Selzener beim Anblick des großen Steinblocks. Der zwischen Polizeiwache und Rathaus ausgestellte "Stein-Riese" ist nämlich Teil einer unterirdischen Wasserleitung aus der römischen Antike. Und nicht nur dieses Detail überrascht die Teilnehmer der Premieren-Tour von "Auf den Spuren der Wülfrather Rathäuser".

"Solche Teile findet man sonst nur in Köln, München oder Washington D.C.", klärt Frank Homberg bei der Führung Sonntagnachmittag auf. Der Historiker und Ratsherr der DLW unterrichtet heute eine ganz besondere Geschichtsklasse: Rund 15 interessierte Wülfrather Bürger folgen der Einladung des Bürgervereins, sich die Historie der städtischen Rathäuser erklären zu lassen.

Dazu gehört natürlich auch eine Führung durch das derzeitige - vierte - Rathaus, unter der Leitung von Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff, inklusive der römischen Wasserleitung, die von Rheinkalk im Jahre 1929 in Sötenich bei Köln gefunden wurde.

"Nachdem wir vor einigen Jahren schon eine Führung durch die Wülfrather Restaurants veranstaltet haben, war es an der Zeit für etwas Neues", erläutert Adelheid Heiden, Vorsitzende des Bürgervereins, die Motivation. Sie hatte die Lesung gemeinsam mit Frank Homberg organisiert.

Heiden: "Ich kenne aus meiner Kindheit noch das Rathaus an der oberen Wilhelmstraße. Aber Herr Homberg konnte uns viel Neues erzählen."

Laut Definition des Historikers hatte Wülfrath bisher vier Rathäuser - ein Gebäude musste 1969 dem Neubau des Textilhauses Murjahn weichen. Hier ist heute die "Ihr-Platz"-Filiale. Neben diesem "ersten" Rathaus, behandelte Homberg den direkten Nachfolger, das heutige Übergangsheim an der Wilhelmstraße, den leer stehenden Bau an der Goethestraße und den derzeitigen Sitz im Dienstleistungszentrum.

Früher fanden die Ratssitzungen in Schulgebäuden oder in der Kneipe statt, bis letzteres aus gutem Grund verboten wurde. Durch einen königlichen Erlass wurde Wülfrath am 13. November 1856 zur Stadt und ein Rathaus unerlässlich. Die ersten Berichte über Leben in der heutigen Stadt stammen aus dem 9. Jahrhundert.

"Besonders interessant war, dass im Wülfrather Stadtgebiet früher verschiedene Maßeinheiten galten", erzählt Otto Allendorff erstaunt. So rechnete man in Flandersbach nach dem "Angermunder Maß", in Düssel galt das "Solinger Maß" für Längen, Flächen oder Gewichte.

Erst als 1806 die französische Munizipialverfassung eine einheitliche Verwaltung schuf, war der Grundstein zur Gründung einer einheitlich geführten Stadt gelegt.

Auf dem anschließenden Spaziergang zu den ehemaligen Rathäusern, blickt Historiker Frank Homberg in die Zukunft: "Eine Wiederholung der Lesung ist auf jeden Fall geplant. Welche Themen man außerdem behandeln könnte, wird sich zeigen."