Tierseuche im Kreis Viersen 16 Betriebe von Blauzungenkrankheit betroffen
Kreis Viersen · Etliche Landwirte sind in großer Sorge: Die Blauzungenkrankheit ist im Kreis Viersen bereits ausgebrochen und weiter auf dem Vormarsch. Sowohl Rinder als auch Schafe verendeten.
Im Kreis Viersen ist die Blauzungenkrankheit bereits in mehr als einem Dutzend landwirtschaftlichen Betrieben ausgebrochen und hat auch zu Todesfällen bei Kühen und Schafen geführt. Das teilte eine Sprecherin des Kreises auf Anfrage mit.
„Im Kreis Viersen wurde in 16 Betrieben – davon elf Rinderbetriebe und fünf Schafhaltungen –, der Ausbruch der Blauzungenkrankheit amtlich festgestellt“, sagte Lea Jansen. „Die klinischen Erscheinungen bei den Tieren sind vielfältig und reichen von hohem Fieber, Fressunlust, Nasenausfluss, vermehrtem Speichelfluss und Ödembildung vor allem im Kopfbereich mit Blaufärbung der Zunge.“ Nicht nur bei Kühen sei es zu verendeten Tieren gekommen, so Jansen: „Bei Schafen sind ebenfalls Todesfälle aufgetreten.“
Für Menschen ist der Erreger nicht gefährlich. Der Name der Seuche kommt daher, dass Zungen von erkrankten Schafen manchmal blau gefärbt sind. Im Kreis Viersen gibt es laut Statistischem Landesamt 240 Rinderhaltungen mit insgesamt knapp 29 000 Tieren. Rund die Hälfte von ihnen sind Milchkühe. In 37 landwirtschaftlichen Betrieben werden im Kreis Viersen knapp 2900 Schafe gehalten.
Der erste Infektionsfall im Kreis Viersen wurde bereits am 6. Mai 2024 amtlich festgestellt. Der Kreis hatte den Ausbruch der Tierseuche bislang nicht öffentlich gemacht. Im Kreis Viersen sind bisher Rinderherden mit 50 bis 300 Tieren genauso betroffen gewesen wie Schafherden mit fünf bis 650 Tieren.
Die Landwirte im Kreis Viersen seien wegen der Blauzungenkrankheit in großer Sorge, berichtete Kreislandwirt Paul-Christian Küskens. „Sie beunruhigt das Ganze sehr.“ Die Krankheit, die durch kleine Mücken übertragen wird, kann schnell einen hohen wirtschaftlichen Schaden anrichten. „Erkrankte Milchkühe geben weniger oder keine Milch“, erklärte Küskens. „Und wenn ein Tier verendet, erhält der Landwirt keine Erstattung.“
Die Tierseuchenkasse zahlt nämlich lediglich dann eine Erstattung, wenn eine Behörde die Tötung des betroffenen Tieres anordnet. Da sich die Blauzungenkrankheit aber über Mücken überträgt und nicht von Wiederkäuer zu Wiederkäuer, ordnen die Behörden keine Tötungen an. Verendet das Tier, bleibt der Landwirt auf dem Verlust sitzen.
Die Krankheit wird ausschließlich über Gnitzen genannte Mücken übertragen. „Gnitzen können selbst mehrere Kilometer pro Tag fliegen und werden vom Wind weitergetragen“, sagt Kreislandwirt Küsken. „Wir im Kreis Viersen sind Hauptwindgebiet von den Niederlanden, wo die Blauzungenkrankheit derzeit ebenfalls grassiert.“
Bei feuchtem, warmem Klima können sich die blutsaugenden Mücken erfolgreich vermehren. Und: Ihre bei diesem Wetter optimalen Stoffwechselbedingungen sorgen zudem dafür, dass sich das Virus hervorragend in den Gnitzen vermehren kann.
Erfreulich: Es gibt einen Impfstoff gegen den aktuellen Typ der Blauzungenkrankheit. Zwar ist er noch nicht zugelassen, doch nach Drängen von NRW hat der Bund die Anwendung von drei Impfstoffen per Verordnung gestattet. Landwirt Matthias Baaken vom Königshof in Nettetal hat seine rund 100 Milchkühe bereits impfen lassen. „Zum Glück erst ein bisschen später. Ganz zu Beginn gab es Probleme mit dem ersten Impfstoff“, berichtet er. Nach rund 14 Tagen gab’s eine Auffrischimpfung; nun sollten die Tiere geschützt sein. Rund acht Euro kostet der Impfstoff für die beiden Impfungen; das Land NRW und die Tierseuchenkasse zahlen pro Impfung insgesamt zwei Euro dazu. Die Kosten für den Veterinär werden nicht erstattet.
Landwirt Stefan Schrievers, der knapp 30 Schafe und rund 70 Rinder hält, war vor Jahren an einem Monitoring-Projekt zur Blauzungenkrankheit beteiligt. „Dabei ging es um Repellents – chemische Stoffe, die die Geruchsorgane von Mücken so beeinflussen, dass sie gerade die Gerüche überdecken, die Kühe und Schafe für die Gnitzen so anziehend machen.
„Im Rahmen des Projekts haben wir auch Mückenfallen aufgestellt. Ein Ergebnis: Nicht mal im WInter waren die Tiere vor den Gnitzen sicher“, berichtet Schrievers. Seinen Bestand hat er nicht impfen lassen. „Neben den Kosten für die Impfung kommt auch noch der Aufwand hinzu, die Tiere einzufangen und an einen Standort zu bringen. Wenn man das nüchtern durchrechnet, lohnt das kaum.“