Bekommen Kinder kein Essen, wenn die Eltern nicht zahlen?

Der Stadtrat hat die Beitragssatzung beim Thema Schulessen verschärft. Schulen können ab sofort die Essensausgabe verweigern, wenn die Eltern säumig sind.

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Viersen. In der Stadt Viersen müssen säumige Eltern damit rechnen, dass ihr Kind künftig vom Schulessen ausgeschlossen wird. Der Stadtrat verschärfte jetzt gegen die Stimmen von Grünen und Die Linke die Beitragssatzung. „Es geht um einen fünfstelligen Betrag, der in der Stadtkasse fehlt, weil die Eltern nicht zahlen“, erklärte Schuldezernent Paul Schrömbges. Er betonte, die mangelnde Zahlungsmoral ziehe sich durch alle gesellschaftlichen Schichten.

Franz Lohbusch (Die Linke) kritisierte: „Die Kinder werden für das Fehlverhalten ihrer Eltern bestraft. Das darf nicht sein.“ Grundsätzlich sehe er es wie Schrömbges: Eltern müssen fürs Schulessen bezahlen. „Aber dann kann die Stadt den Gerichtsvollzieher schicken.“ Schrömbges verwies darauf, dass es sich um eine Kann-Bestimmung handelt. „Bislang wurde noch kein Kind vom Schulessen ausgeschlossen.“ Martina Maaßen (Grüne) kritisierte die Neufassung. „Wenn’s in der Satzung drinsteht, werden sie irgendwann in die Lage kommen, es anwenden zu müssen.“

986 Kinder werden zurzeit an den Grundschulen verpflegt. Laut Stadtsprecher Frank Schliffke sind 20 Prozent der Familien im Rückstand: Einige müssen einen Euro, andere hundert Euro zahlen.

Franz Lohbusch, Die Linke

Die Leiterinnen in der Offenen Ganztagsschule (OGS) sind täglich mit säumigen Zahlern konfrontiert, schildert Martina Brückers, OGS-Leiterin der 270 Kinder zählenden Grundschule Rahser. Wer nicht zahle, werde gemahnt. Zuerst mündlich, dann schriftlich, dann per Brief der Verwaltung. Brückers Einschätzung: „Viele Eltern lassen es darauf ankommen.“ Die Leidtragenden seien die Kinder: „Viele kommen ohne Frühstück, das Mittagessen ist für sie die erste Mahlzeit an einem Acht-Stunden-Tag.“ Manche Eltern könnten den Essensbeitrag von 50 Euro pro Monat nicht aufbringen, seien aber zu stolz, um Unterstützung zu beantragen. Wer Transferleistungen bezieht, muss nur einen Euro zahlen. An der Agnes-van-Brakel-Schule gibt es weniger Außenstände, seitdem Eltern vorab überweisen. Schulleiterin Brigitte Ulrich kennt die schlechte Zahlungsmoral: „Kein Kind sollte auf’s Essen verzichten müssen“, sagt sie.