Altstadt-Original Ferdi Küsters wird 75 Jahre
Fast jeder Kempener kennt ihn.
Kempen. Wenn er Kilometergeld bekommen würde, wäre Ferdi Küsters wohl ein reicher Mann. Es sind nämlich etliche Kilometer, die er täglich zu Fuß zurücklegt. Von Kempen aus geht es nach Wachtendonk, Grefrath oder St. Hubert. Immer auf der Suche nach Neuigkeiten. Zentrum seines Schaffens ist aber die Kempener Altstadt.
Dort wohnt Ferdi, dort kennt ihn jedes Kind, dort fühlt er sich pudelwohl. Am Montag feiert das Kemp’sche Original mit der eindringlich lauten Stimme seinen 75. Geburtstag.
Wenn in der Innenstadt ein Fest ansteht, kommt diese Stimme besonders zur Geltung. Arbeiter, die zum Beispiel für Kirmes oder Altstadtfest Stände aufbauen, wissen davon ein Liedchen zu singen. Sätze wie „Dat Ding kann da nich’ stehen bleiben!“ oder „Wegfahren, Du muss’ den Wagen wegfahren!“ Solche eindeutigen Anweisungen schallen regelmäßig über den Buttermarkt.
Eigentlich ist Ferdi aber ein sehr liebenswürdiger Mensch. Das weiß seine Cousine, in deren Haus an der Neustraße er alleine wohnt, zu berichten: „Unser Ferdi mag alle Menschen und liebt sein Kempen über alles“, sagt sie, die als Betreuerin des Originals eingesetzt ist. Im Großen und Ganzen kann sich Ferdi aber alleine versorgen — er kauft selbst ein, macht sich Frühstück und Abendbrot. „Nur das Mittagessen kommt von den Maltesern.“
Die täglichen Telefonate mit der Cousine und der wöchentliche gemeinsame Einkauf gehören aber zum gewohnten Ablauf des Geburtstagskindes. Genauso wie die tägliche Lektüre der WZ. „Die schnappt er sich, sobald sie morgens im Briefkasten ist“, sagt die Verwandte. Vermutlich ist Ferdi morgens der erste Kempener, der sich mit Neuigkeiten aus der Thomasstadt versorgt.
Und die verbreitet er dann bei seinem täglichen Zug durch die Altstadt: Rathaus, diverse Läden und auch die Geschäftsstelle der WZ an der Burgstraße sind seit Jahrzehnten seine Anlaufstellen. „Ich weiß zum Beispiel, dass die Tür des früheren Bürgermeisters Hensel für Ferdi immer offen stand“, berichtet die Cousine. Und auch der früheren WZ-Geschäftsstellen-Mitarbeiterin Ingrid Klünder ist Ferdi ans Herz gewachsen: „Er ist einfach ein lieber Kerl.“
Diesen „lieben Kerl“ kennt zwar fast jeder Kempener, wirklich viel weiß man aber nicht über sein Leben, das am 22. Oktober 1937 im Kempener Süden begann. Dort, wo heute die sogenannten „Fischel-Häuser“ stehen — zwischen Vorster, Dinkelberg- und Herckenrathstraße. Mit seiner Mutter lebte Ferdi auf dem Hof seiner Großeltern, die dort Selbstversorger waren. Ferdis Vater galt schon früh als verschollen. Eine „richtige Arbeit“ hatte das Original nach der Volksschule nie. „Er hat aber regelmäßig bei Verwandten und Freunden mit angepackt“, erzählt die Cousine.
Ferdis Beziehung zu seiner Mutter, die 1999 gestorben ist, war stets sehr eng. Mit ihr lebte er immer zusammen — zuletzt im Haus an der Neustraße, das Ferdi heute alleine bewohnt. Im kleinen Gärtchen des Hauses hegt und pflegt er bis heute eine Rose, die seine Mutter gepflanzt hat. „Darum kümmert er sich rührend und besucht auch oft das Grab der Mutter“, so die Verwandte.
Das sind die ruhigen Momente im sonst eher rastlosen Leben des Kemp’schen Urgesteins. Besonders rastlos wird Ferdi, wenn die Feuerwehr unterwegs ist. „Früher, als die Wehr noch über Sirene alarmiert wurde, war Ferdi oft vor den Feuerwehrleuten vor Ort“, erzählt der Mann der Cousine. Bei der „stillen Alarmierung“ heutzutage sei es da schon schwieriger, „pünktlich zu sein“.
Gefeiert wird der Geburtstag am Montag im kleinen Rahmen. So wie es der bescheidene Ferdi mag. Allerdings haben sich einige Mitarbeiter des Grünflächenamtes zum Gratulieren angesagt. Sie sind Ferdi besonders dankbar, weil er sämtliche Probleme mit Müll, Unkraut und Co. sofort im Rathaus meldet. „Ich glaube, Ferdi ist einer der fleißigsten Mitarbeiter der Stadt Kempen“, scherzt seine Cousine.