Aufführung: Schüsse, Tränen und Entsetzen
Bei aller Dramatik ist das Stück „Zwillinge“ in der Mülhausener Liebfrauenschule höchst unterhaltsam und begeistert vor allem musikalisch.
Mülhausen. Der Anfang war das Ende, und das Ende war dramatisch: Schüsse, Tränen und Entsetzen. Dabei war von vornherein klar: Es kann nicht gut ausgehen, das Musical „Zwillinge“, das die Musical AG der Liebfrauenschule am Wochenende in beeindruckender Manier zweimal vor ausverkauftem Haus aufführte. Und dafür tosenden Applaus erntete.
„Sag, es ist nicht wahr, sag, es ist Theater!“ Sie hofft, sie fleht wider besseren Wissens, die verzweifelte Mutter Steinmann am Anfang der Geschichte. Vor ihr zwei Frauenleichen, zugedeckt. Ist sie Schuld am Tod ihrer Zwillingstöchter?
Ist es unabwendbares Schicksal, das alten Aberglauben huldigt? Wenn getrennte Zwillinge sich später begegnen und erkennen, müssen beide sterben, so will der Erzähler (teuflisch gut: Frank Ludwig Stürmer) glauben machen. Und so passiert es.
Da überlässt die arme Frau Steinmann (Gisela Michiels) der reichen Frau Löwe (Friederike Vloet) ihre Tochter Emilia, bei ihr bleibt Marie-Belle. Die Mädchen begegnen sich, werden trotz aller sozialen Unterschiede Freundinnen, sie trennen sich und treffen sich, immer wieder. Vorbestraft und tablettenabhängig ist schließlich Marie-Belle (Inga Trost), reich und erfolgreich Emilia (Celestina Trost). Dann ein Eifersuchtsdrama — mit tödlichem Ausgang für beide.
Ein trauriges Stück? Auch. Und ein gesellschaftskritisches. Zudem allemal höchst unterhaltsam inszeniert. Da singt die Steinmann wunderbar klar, aber babbelt im rheinischen Dialekt. Die Jugendlichen plappern zeitgemäß: „Du Tusse!“ Kleine Gags mit Lokalkolorit: „Grenzland-Kino“. Schauspielerisch klasse, etwa wie Timo Zolna sich vom eitlen Burschen Benny zum sorgenden Ehemann wandelt.
Die Zwillinge werden ihren Paraderollen großartig gerecht, Inga Trost übersingt sogar locker ihre zeitweise belegte Stimme. Solisten, Chor, Band, Tänze — her-ausragend. Ein Höhepunkt dabei der Song „Bandidas“ des Gitarristen Lutz Nothen, von den Rockröhren Eva Burghardt und Martin Stosik sowie den Tänzern hinreißend interpretiert: „Wollt ihr Streit? Wir sind bereit!“
So boten Schüler, Lehrer, Gäste-Künstler im Team großes Theater bis zum Schluss: Und das Ende war der Anfang.